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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.08.2006
2 BvR 1345/03 -

Polizei darf Ortung durch Mobilfunkdaten durchführen

Kein Verstoß der Grundrechte - Daten von Unbeteiligten werden sofort gelöscht

Die Beschwerdeführer – eine Bürgerrechtsorganisation, zwei Rechtsanwälte, ein Pfarrer, ein Steuerberater sowie eine (zwischenzeitlich verstorbene) Journalistin – sind der Auffassung, dass die Ermittlung der Geräte- und Kartennummern sowie des Standorts von Mobiltelefonen durch Einsatz eines „IMSI-Catchers“ ein nicht gerechtfertigter Eingriff in ihr Grundrecht aus Art. 10 GG (Fernmeldegeheimnis) sei. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Mobiltelefone, die in empfangsbereitem Zustand mitgeführt werden, melden sich in kurzen Abständen bei der für sie gerade „zuständigen“ Basisstation des Mobilfunknetzes an. Das gesamte Mobilfunknetz ist entsprechend einem Raster in einzelne Zellen aufgeteilt. Zum Empfang eingehender Anrufe oder Kurzmitteilungen ist die genaue Lokalisierung des Standortes des Mobiltelefons durch den Mobilfunknetzbetreiber nötig. Im Rahmen dieser ständigen Positionsangabe werden unter anderem die Kartennummer (IMSI) und die Gerätenummer (IMEI) des Mobiltelefons an die Basisstation gesendet. Dieses Prinzip nutzt der „IMSI-Catcher“, indem er innerhalb einer Funkzelle eine Basisstation des Mobilfunknetzes simuliert. Sämtliche eingeschalteten Mobiltelefone, die sich im Einzugsbereich des „IMSI-Catchers“ befinden, senden nunmehr ihre Daten an diesen. Auf diese Weise ist es möglich, Karten- und Gerätenummer sowie den Standort des Mobiltelefons zu ermitteln.

Rechtsgrundlage für den Einsatz des „IMSI-Catchers“ im Strafverfahren ist § 100 i Strafprozessordnung. Nach Absatz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift dürfen zur Vorbereitung einer Telekommunikationsüberwachung die Geräte- und Kartennummer eines aktiv geschalteten Mobiltelefons durch Einsatz technischer Mittel ermittelt werden. Absatz 1 Nr. 2 der Vorschrift erlaubt die genaue Standortbestimmung eines Mobiltelefons zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Die Beschwerdeführer sind nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG verletzt. Die Datenerhebung nach § 100 i Abs. 1 StPO greift nicht in den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses ein. Denn sie steht nicht im Zusammenhang mit einem Kommunikationsvorgang und betrifft auch keinen Kommunikationsinhalt im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG. Die Feststellung der Geräte- oder Kartennummer eines im Bereich einer simulierten Funkzelle befindlichen Mobiltelefons durch den Einsatz eines „IMSI- Catchers“ ist unabhängig von einem tatsächlich stattfindenden oder zumindest versuchten Kommunikationsvorgang zwischen Menschen. Beim Einsatz des „IMSI-Catchers“ „kommunizieren“ ausschließlich technische Geräte miteinander. Es fehlt an einem menschlich veranlassten Informationsaustausch, der sich auf Kommunikationsinhalte bezieht. Das Aussenden der Daten erfolgt unabhängig von einem konkreten Kommunikationsvorgang oder dem Aufbau einer Kommunikationsverbindung, die einen personalen Bezug hat; der Datenaustausch ist ausschließlich zur Sicherung der Betriebsbereitschaft nötig, trägt keine individuellen und kommunikativen Züge. Eine technische Kommunikation zwischen Geräten weist nicht das spezifische Gefahrenpotential auf, vor dem Art. 10 Abs. 1 GG Schutz gewährleistet.

2. Die Beschwerdeführer werden durch die Erhebung und die kurzzeitige Speicherung der IMSI- und IMEI-Kennung ihrer Mobiltelefone als unbeteiligte Dritte auch nicht unverhältnismäßig in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass auch die technischen Kommunikationsdaten einen schutzwürdigen Aussagegehalt haben, weil sie – wenn auch nur nach vorausgegangener Identifizierung der Person über eine Zuordnung der IMSI- oder IMEI-Nummer – einen Schluss darauf zulassen, welche Person sich im Bereich der virtuellen Funkzelle aufhält und ein betriebsbereites Mobiltelefon mit sich führt. Andererseits ist in Rechnung zu stellen, dass die vermehrte Nutzung elektronischer oder digitaler Kommunikationsmittel und deren Vordringen in nahezu alle Lebensbereiche die Strafverfolgung erschwert hat.

Bei der Durchführung von Maßnahmen nach § 100 i StPO haben die Ermittlungsbehörden darauf Bedacht zu nehmen, dass die Grundrechtspositionen der unbeteiligten Dritten nicht über das unbedingt notwendige Maß hinaus berührt werden. Anhaltspunkte für eine Missachtung dieses Gebots liegen nicht vor. Die technischen Kommunikationsdaten werden automatisch und anonym abgeglichen und unverzüglich gelöscht. Nach Auskunft des Bundeskriminalamtes werden unbeteiligte Dritte nicht identifiziert. Die Speicherung ihrer Daten erfolgt maximal für die Dauer des Messeinsatzes. Danach werden die Daten von der Festplatte des Messsystems ohne weitere Bearbeitung und Prüfung unverzüglich und unwiderruflich gelöscht. Angesichts der geringen Eingriffsintensität ist es auch nicht unverhältnismäßig, auf die Benachrichtigung mitbetroffener Dritter zu verzichten.

3. Auch ein Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit ist nicht ersichtlich. Laufende Gespräche oder anderweitige Kommunikationsverbindungen werden wegen der Funktionsweise des „IMSI-Catchers“ nicht gestört. Soweit durch den Einsatz des „IMSI-Catchers“ beim Erfassen der IMSI- oder IMEI- Nummer für einige Sekunden die Herstellung einer Telekommunikationsverbindung für ein einzelnes Mobiltelefon nicht möglich ist, geht dieser Eingriff nicht über das Maß an Empfangs- und Sendestörungen hinaus, die im Mobilfunkbetrieb alltäglich auftreten.

4. Das Bundesministerium der Justiz arbeitet seit längerem an einer Gesamtregelung der strafprozessualen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen, die die Vorschriften zur Telekommunikationsüberwachung und somit auch § 100 i StPO umfassen. Bei der Umsetzung dieser Vorschläge wird der Gesetzgeber die technischen Entwicklungen wegen des schnellen und für den Grundrechtsschutz riskanten informationstechnischen Wandels aufmerksam beobachten und gegebenenfalls durch Rechtssetzung korrigierend eingreifen müssen. Dabei wird zu prüfen sein, ob verfahrensrechtliche Vorkehrungen – wie etwa Benachrichtigungspflichten oder Rechtsschutzmöglichkeiten – zu erweitern sind, um den Grundrechtsschutz effektiv zu gewährleisten.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.10.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 93/06 des BVerfG vom 13.10.2006

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