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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25.10.2005
1 BvR 1696/98 -

Verfassungsbeschwerde des ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten gegen Bezeichnung als Stasi-Mitarbeiter erfolgreich

Stolpe darf nicht mehr Stasi-Mitarbeiter genannt werden

Die Verfassungsbeschwerde des vormaligen Konsistorialpräsidenten der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg und ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, der von einem CDU-Politiker zukünftig die Unterlassung der Behauptung verlangte, er sei als Stasi- Mitarbeiter tätig gewesen, war erfolgreich.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hob das – klageabweisende – Urteil des Bundesgerichtshofs auf, weil es den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Die dem Beschwerdeführer nachteilige Äußerung sei nicht durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Die Sache wurde an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Rechtlicher Hintergrund und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer unterhielt in seiner Eigenschaft als Vertreter der Kirche von 1969 bis 1989 Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit. Im Zusammenhang mit der Volksabstimmung über die Fusion der Länder Berlin und Brandenburg äußerte der seinerzeitige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus in einer Fernsehsendung, der Beschwerdeführer habe als „IM-Sekretär“ über 20 Jahre im Dienste der Staatssicherheit gestanden. Die Klage des Beschwerdeführers gegen den CDU-Politiker auf zukünftige Unterlassung dieser Äußerungen wurde in letzter Instanz vom Bundesgerichtshof abgewiesen. Dabei ist das Gericht von einem mehrdeutigen Inhalt der Äußerung ausgegangen. Der Hinweis auf eine Tätigkeit „im Dienst“ des Staatssicherheitsdienstes schließe nicht zwingend die Behauptung ein, der Beschwerdeführer habe auf Grund einer Verpflichtungserklärung im Auftrag des Staatssicherheitsdienstes gearbeitet. Die Äußerung könne vielmehr auch so verstanden werden, dass der Beschwerdeführer dem Staatssicherheitsdienst Dienste geleistet habe, in dem er diesem im Rahmen seiner zu ihm bestehenden Kontakte Informationen geliefert habe. Die erforderliche Güterabwägung ergebe, dass das Interesse an der Äußerung überwiege, zumal sich der Beschwerdeführer aus eigenem Entschluss ins Rampenlicht einer öffentlichen Diskussion gestellt habe.

Die gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Der Bundesgerichtshof hat seiner Entscheidung die vom Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung von gerichtlich verhängten straf- und zivilrechtlichen Sanktionen wegen in der Vergangenheit erfolgter mehrdeutiger Meinungsäußerungen entwickelten Maßstäbe zu Grunde gelegt, ohne zu berücksichtigen, dass sie auf Ansprüche auf Unterlassung zukünftiger Äußerungen nicht in gleicher Weise anwendbar sind.

Das Bundesverfassungsgericht geht bei der Überprüfung von straf- oder zivilrechtlichen Sanktionen wegen in der Vergangenheit erfolgter Meinungsäußerungen von dem Grundsatz aus, dass die Meinungsfreiheit verletzt wird, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zu einer Verurteilung führende Bedeutung zu Grunde legt, ohne vorher mit schlüssigen Gründen Deutungen ausgeschlossen zu haben, welche die Sanktion nicht zu rechtfertigen vermögen. Lassen Formulierungen oder die Umstände der Äußerung eine nicht das Persönlichkeitsrecht verletzende Deutung zu, so verstößt eine straf- oder zivilrechtliche Sanktion gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (Meinungsfreiheit). Müsste der Äußernde befürchten, wegen einer Deutung, die den gemeinten Sinn verfehlt, mit staatlichen Sanktionen belegt zu werden, würden über die Beeinträchtigung der individuellen Meinungsfreiheit hinaus negative Auswirkungen auf die generelle Ausübung des Grundrechts der Meinungsfreiheit eintreten.

Ein gleicher Schutzbedarf für die individuelle Grundrechtsausübung und die Funktionsfähigkeit des Meinungsbildungsprozesses besteht indessen nicht bei gerichtlichen Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Äußernde die Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klar zu stellen, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung zu Grunde zu legen ist. Verletzt eine mehrdeutige Meinungsäußerung das Persönlichkeitsrecht eines anderen, scheidet daher ein Anspruch auf zukünftige Unterlassung nicht allein deshalb aus, weil die Äußerung auch eine Deutungsvariante zulässt, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führt. Dem hat der Bundesgerichtshof nicht ausreichend Rechnung getragen. Er hätte seiner Prüfung die das Persönlichkeitsrecht stärker verletzende Deutungsvariante zu Grunde legen müssen.

2. Auch die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Abwägung widerspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Aussage, der Beschwerdeführer habe als „IM-Sekretär“ im Dienste des Staatssicherheitsdienstes gestanden ist – wie auch der Bundesgerichthof feststellt – eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung. Bei der Verbreitung von Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheitsgehalt nicht endgültig festgestellt werden kann, kann zwar auch eine möglicherweise unwahre Behauptung nicht untersagt werden, soweit der Äußernde vor der Aufstellung und Verbreitung seiner Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat. Liegt ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vor, sind aber hohe Anforderungen an die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zu stellen.

Diesen Anforderungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist der Bundesgerichtshof bei der Bemessung des Umfangs der Wahrheits- und Sorgfaltspflicht nicht gerecht geworden. Die Art der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Kontakt mit dem Staatssicherheitsdienst war selbst für die vom Bundesgerichtshof gefundene weniger eingriffsintensive Deutungsvariante streitig. Die auch von öffentlichen Stellen verbreiteten Aussagen hierzu waren ebenso wie die Medienberichterstattung kontrovers. Von dem Äußernden ist daher im Interesse des Persönlichkeitsschutzes des Betroffenen zu verlangen, dass er dann, wenn er sich eine bestimmte, das Persönlichkeitsrecht verletzende Sicht auf bekannte Tatsachen zu eigen macht, zum Ausdruck bringt, dass diese Sicht umstritten und der Sachverhalt nicht wirklich aufgeklärt ist. Es führt nicht zu einer Überspannung der Wahrheitspflicht, wenn der Äußernde bei einer künftigen Meinungsäußerung offen legen muss, dass eine gesicherte Tatsachengrundlage für die von ihm aufgestellte Tatsachenbehauptung fehlt.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.11.2005
Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht (pm)

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NJW 2006, 207

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