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Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.12.2020
- VI ZR 739/20 -
Schadensersatzklage gegen VW AG wegen Verjährung erfolglos
Anspruch begründende Umständen seit 2015 bekannt
Der BGH hat in einem Fall, in dem der Fahrzeugkäufer im Jahr 2015 Kenntnis davon erlangt hat, dass sein Fahrzeug vom sogenannten Dieselskandal betroffen ist, aber erst 2019 Schadensersatzklage gegen den Hersteller erhoben hat, Schadensersatzansprüche als verjährt angesehen.
Der Kläger erwarb im April 2013 einen von der Beklagten hergestellten VW Touran, der mit einem Dieselmotor vom Typ EA189 ausgestattet ist. Der Motor war mit einer Software versehen, die erkennt, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und in diesem Fall in einen Stickoxid-optimierten Modus schaltet. Es ergeben sich dadurch auf dem Prüfstand geringere Stickoxid-Emissionswerte als im normalen Fahrbetrieb. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur auf dem Prüfstand eingehalten.
Kenntnis von Dieselskandal mit eigener Betroffenheit seit 2015
Der Kläger erlangte im Jahr 2015 nicht nur allgemein von dem damals aufgedeckten sogenannten Dieselskandal
BGH: Anspruch begründende Umständen seit 2015 bekannt
Die Revision des Klägers, mit der er sein Klageziel weiterverfolgt hat, blieb ohne Erfolg. Die für den Beginn der regelmäßigen
Bekannte Tatsachen ausreichend zur Erkennung der Täuschungsabsicht
Die dem Kläger bekannten Tatsachen reichten aus, den Schluss nahe zu legen, dass der Einbau der Motorsteuerungssoftware, die nach ihrer Funktionsweise ersichtlich auf Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde abzielte, auf einer am Kosten- und Gewinninteresse ausgerichteten Strategieentscheidung beruhte. Denn die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung betraf die grundlegende strategische Frage, mit Hilfe welcher technischen Lösung die Beklagte die Einhaltung der - im Verhältnis zu dem zuvor geltenden Recht strengeren - Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm sicherstellen wollte. Sie wirkte sich auf die Produktion von mehreren Millionen Fahrzeugen aus und war mit weitreichenden Konsequenzen, nicht zuletzt enormen Risiken, verbunden. Aus denselben Gründen war es weiter naheliegend, dass eine solche Strategieentscheidung nicht etwa von einem untergeordneten Mitarbeiter im Alleingang, sondern von einem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter, dessen Verhalten der Beklagten gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist, getroffen oder jedenfalls gebilligt worden war.
Klageerhebung auch ohne näherer Kenntnis zumutbar
Für die Zumutbarkeit der Klageerhebung und damit den Beginn der
Rechtsverfolgung versprach schon 2015 hinreichende Aussicht auf Erfolg
Darauf, ob der Kläger bereits 2015 aus den ihn bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zog, insbesondere aus ihnen einen Anspruch aus § 826 BGB herleitete, kommt es nicht an. Der eng begrenzte Ausnahmefall, dass die Erhebung einer (Feststellungs-)Klage wegen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage unzumutbar war und der Verjährungsbeginn daher hinausgeschoben wurde, liegt hier nicht vor. Ausgehend von der schon bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 826 BGB (insbesondere zu Sittenwidrigkeit und Schaden) sowie zur sekundären Darlegungslast war schon 2015 erkennbar, dass sich diese Rechtsprechung auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragen lassen würde, so dass die Rechtsverfolgung schon 2015 hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach und zumutbar war.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.12.2020
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)
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Dokument-Nr. 29630
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