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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.07.2012
7 AZR 443/09 und 7 AZR 783/10 -

„Kettenbefristung“ kann trotz Vorliegens eines Sachgrundes rechtsmissbräuchlich und unwirksam sein

Lange Gesamtdauer und außergewöhnlich hohe Anzahl aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge können Anzeichen für Rechtsmissbrauch sein

Die Befristung eines Arbeitsvertrags kann trotz Vorliegens eines Sachgrunds aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam sein. Für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs können insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber sprechen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nennt beispielhaft derartige Sachgründe. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Dem Sachgrund der Vertretung steht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch eine größere Anzahl der mit einem Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Verträge nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Ein bei dem Arbeitgeber vorhandener ständiger Vertretungsbedarf schließt den Sachgrund der Vertretung nicht aus.

BAG erbittet Vorabentscheidung des EuGH zur Vereinbarkeit wiederholter Befristung von Arbeitsverträgen mit EU-Richtlinien

Das Gericht hatte allerdings Bedenken, ob er aus Gründen des Unionsrechts gehindert ist, an dieser Rechtsprechung uneingeschränkt festzuhalten. Er bat deshalb mit Beschluss vom 17. November 2010 den EuGH um Beantwortung der Frage, ob es mit § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (Rahmenvereinbarung) vereinbar ist, die wiederholte Befristung eines Arbeitsvertrags auch dann auf den im nationalen Recht vorgesehenen Sachgrund der Vertretung zu stützen, wenn bei dem Arbeitgeber ein ständiger Vertretungsbedarf besteht, der ebenso durch unbefristete Einstellungen befriedigt werden könnte.

EuGH verneint Missbrauch durch Mehrfachbefristung

Der EuGH antwortete mit Urteil vom 26. Januar 2012, dass der Umstand, dass ein Arbeitgeber wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückgreife, weder der Annahme eines sachlichen Grundes im Sinne der Rahmenvereinbarung entgegenstehe, noch das Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne dieser Bestimmung daraus folge. Die nationalen staatlichen Stellen müssten aber auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes alle mit der Verlängerung der befristeten Verträge verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie einen Hinweis auf Missbrauch geben können, den § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung verhindern soll. Bei dieser Prüfung könnten sich die Zahl und Dauer der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen aufeinander folgenden Verträge als relevant erweisen.

Gesamtdauer und Anzahl der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen aufeinander folgenden befristeten Verträge sind zu berücksichtigen

Hiervon ausgehend entschied das Bundesarbeitsgericht, dass das Vorliegen eines ständigen Vertretungsbedarfs der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht, sondern an den Grundsätzen der Sachgrundprüfung uneingeschränkt festgehalten werden kann. Allerdings kann unter besonderen Umständen die Befristung eines Arbeitsvertrags trotz Vorliegens eines sachlichen Grundes wegen rechtsmissbräuchlicher Ausnutzung der an sich eröffneten rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit unwirksam sein. Das entspricht den sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergebenden Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs. An einen solchen nur ausnahmsweise anzunehmenden Rechtsmissbrauch sind hohe Anforderungen zu stellen. Es sind dabei alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere aber Gesamtdauer und Anzahl der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen aufeinander folgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen.

Gesamtdauer von mehr als 11 Jahren und Anzahl von 13 Befristungen sprechen für Ausnutzung rechtsmissbräuchlicher Vertretungsbefristung

Das Bundesarbeitsgericht hob daher ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln auf, das die Befristungskontrollklage einer beim Land Nordrhein-Westfalen beschäftigten Justizangestellten abgewiesen hatte. Die Klägerin war beim beklagten Land aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen von Juli 1996 bis Dezember 2007 im Geschäftsstellenbereich des Amtsgerichts Köln tätig. Die befristete Beschäftigung diente fast durchgehend der Vertretung von Justizangestellten, die sich in Elternzeit oder Sonderurlaub befanden. Mit ihrer Klage griff die Klägerin die Befristung des letzten im Dezember 2006 geschlossenen Vertrags an. Für diese Befristung lag zwar der Sachgrund der Vertretung vor. Die Gesamtdauer von mehr als 11 Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen sprechen aber dafür, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat.

BAG weist Sache zur Klärung möglichen Rechtsmissbrauchs an LAG zurück

Das Bundesarbeitsgericht konnte der Klage dennoch nicht stattgeben. Der Rechtsstreit war vielmehr an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten und Anzahl von vier Befristungen geben keinen Anhaltspunkt für Rechtsmissbrauch

Dagegen wies das Bundesarbeitsgericht - wie schon die Vorinstanzen - die Befristungskontrollklage einer anderen Klägerin ab. Diese war vom 1. März 2002 bis zum 30. November 2009 aufgrund von vier jeweils befristeten Arbeitsverträgen bei einem Einzelhandelsunternehmen beschäftigt. Die letzte im Januar 2008 vereinbarte Befristung erfolgte zur Vertretung eines in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmers. Die Befristung war nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Angesichts der Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie der Anzahl von vier Befristungen gab es keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.07.2012
Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

Vorinstanz zu 7 AZR 443/09:
  • Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 15.05.2009
    [Aktenzeichen: 4 Sa 877/08]
Vorinstanz zu 7 AZR 783/10:
  • Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.08.2010
    [Aktenzeichen: 5 Sa 196/10]
Aktuelle Urteile aus dem Arbeitsrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2013, Seite: 103
MDR 2013, 103

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Dokument-Nr.: 13820 Dokument-Nr. 13820

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