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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 06.10.2009
C-123/08 -

Europäischer Haftbefehl: EU-Staaten dürfen bei Auslieferungsersuchen aus dem Ausland zwischen ihren eigenen Staatsangehörigen und anderen EU-Bürgern unterscheiden

EuGH erlaubt Niederlande bei der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls Inländer und EU-Ausländer ungleich zu behandeln

Das Niederländische Recht kann in Bezug auf die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls eine unterschiedliche Behandlung von Inländern und Staatsangehörigen der anderen Mitgliedsstaaten vorsehen. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl bestimmt, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, einen Europäischen Haftbefehl zu vollstrecken. In bestimmten Fällen kann die vollstreckende Justizbehörde allerdings die Übergabe einer gesuchten Person verweigern.

Die niederländischen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses sehen vor, dass die Übergabe niederländischer Staatsangehöriger an eine ausstellende Justizbehörde zur Vollstreckung einer mit einem rechtskräftigen Urteil verhängten Freiheitsstrafe verweigert wird. Bei Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten ist eine solche Verweigerung hingegen davon abhängig, dass sie sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen in den Niederlanden aufgehalten haben und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung sind.

Herr Wolzenburg, ein deutscher Staatsangehöriger, wurde in Deutschland wegen mehrerer Straftaten zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Nachdem er Deutschland verlassen hatte, um sich in den Niederlanden niederzulassen, entschied das deutsche Gericht, die Aussetzung der Strafe zur Bewährung zu widerrufen, da er gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hatte. Folglich stellte die deutsche ausstellende Justizbehörde gegen ihn einen Europäischen Haftbefehl aus und ersuchte die niederländische vollstreckende Justizbehörde um die Übergabe von Herrn Wolzenburg zur Vollstreckung seiner rechtskräftig gewordenen Freiheitsstrafe.

Das niederländische Gericht möchte vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob die nationalen Rechtsvorschriften, die im Hinblick auf die Verweigerung der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls eine unterschiedliche Behandlung von Inländern und Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten vorsehen, mit dem Recht der Union vereinbar sind.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass ein Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, nach der Richtlinie über den Aufenthalt von Unionsbürgern das Recht hat, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Die Richtlinie gibt dem Betroffenen die Möglichkeit, ein Dokument zu beantragen, in dem die Dauerhaftigkeit seines Aufenthalts im Aufnahmestaat bescheinigt wird, schreibt eine solche Formalität aber nicht vor. Der Gerichtshof ist daher der Auffassung, dass der Vollstreckungsmitgliedstaat für die Anwendung des Grundes, aus dem die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls verweigert werden kann, neben Anforderungen an die Aufenthaltsdauer in diesem Staat keine ergänzenden verwaltungsrechtlichen Anforderungen wie den Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung stellen kann.

Sodann prüft der Gerichtshof auf der Grundlage von Art. 12 EG (dem Diskriminierungsverbot) die Vereinbarkeit der niederländischen Rechtsvorschriften, die eine von der Behandlung der eigenen Staatsangehörigen abweichende Behandlung von Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten vorsehen, wenn sie sich nicht fünf Jahre lang im Inland aufgehalten haben. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass dem Europäischen Haftbefehl der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zugrunde liegt und dass die Mitgliedstaaten zwar generell verpflichtet sind, dem Ersuchen einer Justizbehörde eines anderen Mitgliedstaats zu entsprechen, dass sie bei der Anwendung der Gründe, aus denen die Vollstreckung verweigert werden kann, aber über einen bestimmten Wertungsspielraum verfügen.

Eine Ungleichbehandlung der betreffenden Staatsangehörigen ist nur dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie objektiv gerechtfertigt ist, im Verhältnis zum verfolgten Ziel steht und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass mit dem fakultativen Verweigerungsgrund insbesondere bezweckt wird, dass der Frage, ob die Resozialisierungschancen der gesuchten Person nach Verbüßung der Strafe erhöht werden können, besondere Bedeutung beigemessen werden kann. Es ist daher legitim, dass der Vollstreckungsmitgliedstaat dieses Ziel nur gegenüber Personen verfolgt, die ein bestimmtes Maß an Integration in die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats nachgewiesen haben. Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass die bloße Voraussetzung der Staatsbürgerschaft für die eigenen Staatsbürger einerseits und die Voraussetzung eines ununterbrochenen Aufenthalts von fünf Jahren für die Staatsbürger der anderen Mitgliedstaaten andererseits gewährleisten, dass die gesuchte Person im Vollstreckungsmitgliedstaat hinreichend integriert ist.

Außerdem ist der Gerichtshof der Auffassung, dass sich die für Ausländer geltende Voraussetzung eines ununterbrochenen Aufenthalts von fünf Jahren insbesondere angesichts des Erfordernisses der Integration nicht als unverhältnismäßig ansehen lässt.

Dazu führt der Gerichtshof aus, dass in den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über das Aufenthaltsrecht gerade die Voraussetzung eines ununterbrochenen Aufenthalts von fünf Jahren als der Zeitraum festgelegt wurde, ab dem die Unionsbürger im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats ein Recht auf Daueraufenthalt erwerben. Im Anschluss daran stellt er fest, dass eine Voraussetzung hinsichtlich des Aufenthalts, wie sie mit den in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften aufgestellt wird, nicht über das hinausgeht, was erforderlich ist, um das Ziel zu erreichen, dass ein bestimmtes Maß an Integration der Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten im Vollstreckungsmitgliedstaat gewährleistet ist.

Der Gerichtshof gelangt zu dem Ergebnis, dass Art. 12 EG (das Diskriminierungsverbot) den Rechtsvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaats nicht entgegensteht, wonach die zuständige Justizbehörde dieses Staates die Vollstreckung eines gegen einen seiner Staatsangehörigen zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgestellten Europäischen Haftbefehls verweigert, während eine solche Verweigerung im Fall eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der ein Aufenthaltsrecht als Unionsbürger hat, voraussetzt, dass er sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Hoheitsgebiet dieses Vollstreckungsmitgliedstaats aufgehalten hat.

Rahmenbeschluss und Richtline

Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190, S. 1).

Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158, S. 77).

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.10.2009
Quelle: ra-online, Europäischer Gerichtshof

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