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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 06.08.2012
5 L 2558/12.F -

Occupy-Zeltlager vor Europäischer Zentralbank (EZB) nicht vom Versammlungsrecht geschützt

Gericht lehnt Eilantrag gegen Auflösung des Camps ab / Aufgestellte Zelte, Sofas und Gegenstände zum Campieren sind nicht funktional und versammlungsimmanent zur gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung notwendig

Ein Protest-Zeltlager, das für die Mehrheit der nutzenden Personen ersichtlich zur Befriedigung individueller Bedürfnisse wie Finden einer Schlafstatt und Versorgung mit Nahrungsmitteln dient, nicht jedoch dem Ziel ein gemeinsames kommunikatives Anliegen der Öffentlichkeit bekannt zu machen, ist keine Versammlung im Sinne der Versammlungsrechts. Eine Versammlung ist dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden sei. Dies geht aus einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hervor.

Der Antragsteller ist Teil der Occupy-Protestbewegung, die in Frankfurt am Main Teile der Grünanlage vor der Europäischen Zentralbank seit Oktober 2011 besetzt hält. Am 23. Juli 2012 meldete der Antragsteller für die Zeit vom 26.07.2012 bis 09.08.2012 eine Mahnwache zu dem Thema „Für Demonstrationsfreiheit! Gegen die Finanzdiktatur!“ auf dem Willy-Brandt-Platz und den angrenzenden Grünanlagen an. Die Zahl der erwartenden Teilnehmer bezeichnete er mit einhundert Personen. Am 24.07.2012 fand beim Ordnungsamt der Stadt Frankfurt am Main eine Erörterung der vorgesehenen Veranstaltung mit dem Anmelder statt. In diesem Zusammenhang wurde auch die Möglichkeit erörtert, einen Informationsstand aufzustellen und seitens der Ordnungsbehörde darauf hingewiesen, dass Tische, Informationsmaterial, Schilder und Plakate erlaubt seien, nicht hingegen Aufbauten gleich welcher Art. Das bisherige Occupy-Camp habe sich in ein Zeltlager verwandelt und die hygienischen Bedingungen seien problematisch. Hierfür sei eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich, die jedoch nicht gewährt werde. Bis zum 26.07.2012 seien alle Zelte, Hütten oder ähnliches verboten und die Gegenstände müssten spätestens bis zum 31.07.2012 entfernt sein.

Versammlung nur unter Auflagen genehmigt:

Mit Verfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main vom 25.07.2012 wurden dem Antragsteller im Hinblick auf die angemeldete Versammlung unter anderem folgende Auflagen erteilt und deren sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet:

1. Die Versammlung kann, wie angemeldet, auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem Euro-Denkmal stattfinden.

2. Die angrenzende Grünanlage zwischen Europäischer Zentralbank, Willy-Brandt-Platz, Gallusanlage und Kaiserstraße darf nicht als Versammlungsgelände genutzt werden. Es wird festgestellt, dass die in der Grünanlage zwischen Europäischer Zentralbank, Willy-Brandt-Platz, Gallusanlage und Kaiserstraße bisher genutzten Zelte, Hütten, Sofas, Sessel, Stühle, Holzpaletten und sonstigen zum Wohnen und Campieren genutzten Gegenständen keine Versammlungsmittel im Sinne des Versammlungsgesetzes sind.

3. Der Aufbau und die Nutzung von Zelten und Hütten jeglicher Art, Sofas, Sesseln, Stühlen, Holzpaletten und sonstigen zum Wohnen und Campieren zu nutzenden Gegenständen auf dem Willy-Brandt-Platz werden untersagt, sofern keine Erlaubnis nach dem Straßenrecht der Stadt Frankfurt vorliegt.

Nutzungsverbot der Grünfläche u.a. wegen Renaturierungsmaßnahmen

Die Festlegung des Versammlungsortes auf den Bereich des Willy-Brandt-Platzes unmittelbar vor dem Euro-Denkmal entspreche zum Teil der Anmeldung. Die Nutzung der angrenzenden Grünanlagen könne nicht gestattet werden. Die unmittelbar angrenzende Grünanlage zwischen Europäischer Zentralbank, Willy-Brandt-Platz, Gallusanlage und Kaiserstraße sei durch die nun schon seit dem 15.10.2011 andauernde ununterbrochene Nutzung dem satzungsgemäßen Gebrauch entzogen. Die Grünanlage stehe außerdem aufgrund der unbedingt notwendigen Rattenbekämpfungsmaßnahmen sowie der erforderlichen Renaturierungsmaßnahmen bis auf weiteres nicht als Versammlungsfläche zur Verfügung.

Wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung keine Zelte o.ä.

Das ausgesprochene Verbot zum Aufbau und zur Nutzung von Zelten, Hütten, Sofas, Sesseln, Stühlen, Holzpaletten und sonstigen zum Wohnen und Campieren zu nutzenden Gegenständen, sofern keine Erlaubnis nach dem Straßenverkehrsrecht und / oder der Grünflächensatzung vorliegt, beruhe auf § 15 Abs. 1 VersG. Danach könne eine Versammlung oder ein Aufzug von der zuständigen Behörde verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Veranstaltung unmittelbar gefährdet sei. Diese Voraussetzungen lägen bei der durchgeführten Prüfung in Bezug auf die Zelte, Hütte, Sofas, Sesseln, Stühlen, Holzpaletten und sonstigen Gegenständen vor.

Grünanlage durch andauernde Nutzung nicht mehr als Ruhezone nutzbar

Weiterhin werde die Grünanlage durch die nun schon seit dem 15.10.2011 andauernde ununterbrochene Nutzung dem satzungsgemäßen Gebrauch entzogen. Gemäß § 1 Absatz 3 der Grünanlagensatzung der Stadt Frankfurt am Main dienten die öffentlichen Grünanlagen als Ruhezonen innerhalb der Stadt der Erholung und Entspannung der Einwohner/innen. Der Entzug des satzungsgemäßen Gebrauchs könne nicht länger hingenommen werden.

Antragsteller sieht Versammlung als dauerhafte Mahnwache

Mit seinem am 31.07.2012 bei Gericht erhobenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes führte der Antragssteller aus, die Versammlung stelle eine dauerhafte Mahnwache dar und sei als Protest gegen das Finanzgebaren der Großbanken gestaltet. Die Zelte vor der Europäischen Zentralbank seien als Ausdruck der dort Versammelten zu sehen, die letzten ihnen öffentlich zugängliche Plätze zu nutzen und ihre noch verbleibenden Rechte zu verteidigen. Die dauerhafte Präsenz sei ein Manifest der Menschen an die Finanzkonzerne.

Gericht lehnt Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab

Nach § 15 Abs. 1 VersG dürfe die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet sei. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen gehe der Antragsgegner zutreffend aus. Es sei festzustellen, dass die angemeldete Versammlung des Antragsteller nicht isoliert betrachtet werden könne, sondern im Gesamtkontext der von der Occupy-Bewegung in Frankfurt am Main entwickelten Aktivitäten zu sehen sei, insbesondere der Besetzung der Grünanlage vor der Europäischen Zentralbank im Rahmen eines sogenannten Protest- Camps. Dieses Protest-Camp und die damit einhergehende dauerhafte Besetzung der Grünanlage seien durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht gedeckt. Dafür spreche zum einen bereits der Umstand, dass ein gemeinsames Ziel der im Protest-Camp sich aufhaltenden Personen (Aktivisten, Ausländer, Angehöriger nationaler Minderheiten, Obdachlose, Drogensüchtige etc.) ersichtlich nicht erkennbar sei. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit solle das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zwecke der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen. Von daher sei eine Versammlung dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden sei.

Gemeinsames kommunikatives Anliegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr ersichtlich

Dies möge zu Beginn des Protest-Camps einmal der Fall gewesen sein, zum jetzigen Zeitpunkt stelle sich nach Auffassung der Kammer die Situation gänzlich anders dar, weil es für die Mehrheit der das Camp nutzenden Personen ersichtlich um die Befriedigung individueller Bedürfnisse wie Finden einer Schlafstatt und Versorgung mit Nahrungsmitteln etc. gehe, nicht jedoch um ein gemeinsames kommunikatives Anliegen mit dem Ziel der Einwirkung auf die Öffentlichkeit. Dass dies so sei, räume auch der Antragsteller ein, wenngleich er aus diesem Umstand andere rechtliche Konsequenzen ableite als das Gericht.

Aufstellung von Zelten u.ä. nur bei "notwendigem Bestandteil" einer Versammlung

Darüber hinaus werde das Aufstellen von Zelten und das Campieren in Grünanlagen vom Schutzbereich des Versammlungsgrundrechts auch nur ausnahmsweise umfasst. In diesem Zusammenhang sei dem Antragsteller auch zuzugestehen, dass in Zeiten globaler Vernetzung und neuartiger Kommunikationsstrukturen sich bisher nicht gekannte Demonstrationsformen entwickelten und zu berücksichtigen seien. Nicht alles, was Begleiterscheinung einer Versammlung sei, sei dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG und den Vorschriften des Versammlungsgesetzes zuzuordnen. Diese ziele darauf ab, das ungehinderte Zusammenkommen von Personen zum Zwecke der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung zu schützen. Von daher unterfielen Zelte und Hütten etc. dem Versammlungsrecht und der Erlaubnisfreiheit im Hinblick auf deren Aufstellung nur dann, wenn es sich dabei um „notwendige Bestandteile“ der Versammlung handele, ohne die eine gemeinsame Meinungsbildung und Meinungsäußerung nicht möglich sei.

Grundrecht auf Versammlungsrecht rechtfertigt nicht Inanspruchnahme fremden Grundeigentums

Die in der Grünanlage vor der Europäischen Zentralbank aufgestellte Hütten, die aufgestellten Zelte, Sofa, Sessel, Stühle, Holzpaletten und sonstige zum Wohnen und Campieren zu nutzenden Gegenstände trügen nicht unmittelbar, funktional und versammlungsimmanent zur gemeinsamen Meinungsbildung oder Meinungsäußerung bei. Das vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit umfasste Recht der freien Ortswahl berechtige nämlich nicht dazu, fremdes Grundeigentum nach Belieben in Anspruch zu nehmen; das gelte auch für ein Grundstück, das nach dem Willen des Trägers als öffentliche Einrichtung der Allgemeinheit nur im Rahmen einer eingeschränkten Zweckbestimmung zur Verfügung stehe. Die Versammlungsbehörde könne unter Berücksichtigung des gesetzlichen Schutzzweckes und unter Beachtung des Gewichts des Interesses an der Wahrnehmung des Versammlungsgrundrechts Auflagen im Hinblick auf unmittelbar drohende Gefahren für die öffentliche Sicherheit erlassen. Von deren Vorliegen gehe die Kammer im Hinblick auf die hygienischen Umstände vor Ort, die massive Verdichtung des Bodens in der Grünanlage wie auch des Entzugs dieser Fläche für die Allgemeinheit aus.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.08.2012
Quelle: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main/ ra-online

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