Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Sozialgericht Gießen, Beschluss vom 19.08.2010
- S 29 AS 981/10 ER -
Hartz IV: Arge muss Schülermonatskarte ab der 11. Klasse zahlen
Abbruch der Schulausbildung aus finanziellen Gründen würde Verstoß gegen Würde des Menschen darstellen
Schülerbeförderungskosten, die einem Hartz IV-Empfänger für den Besuch der 11. Klasse eines Gymnasiums entstehen, können einen unabweisbaren Mehrbedarf darstellen. Die zuständige Arge muss somit die Kosten für die Monatskarte übernehmen. Dies entschied das Sozialgericht Gießen.
Der 16jährige Antragsteller aus der Wetterau bezieht Hartz IV-Leistungen und besucht ein Gymnasium, das 8,4 km von seinem Wohnort entfernt liegt. Er muss öffentliche Verkehrsmittel benutzen, um zur Schule zu gelangen.
Hintergrund
Bis zur 10. Klasse übernahm das Land die Schülerbeförderungskosten, für die weitergehende schulische Ausbildung ist im Hessischen Schulgesetz aber keine Förderung mehr vorgesehen.
Erwerbsfähiger Hilfebedürftiger erhält Leistungen für Mehrbedarf, wenn unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht
Der Gesetzgeber hat die Vorgaben des Gerichts mittlerweile teilweise umgesetzt, indem in § 21 Abs.6 SGB II mit Wirkung zum 3. Juni 2010 eine Regelung eingeführt wurde, wonach ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger dann Leistungen für einen Mehrbedarf erhält, wenn im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Dies hat das Sozialgericht jetzt für die Schülerbeförderungskosten angenommen.
Bildung als Schlüsselrolle in der Gesellschaft
Bildung komme in unserer Gesellschaft eine Schlüsselrolle zu. Gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden sei sie zudem ein wesentlicher Faktor bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt und vermeide hierdurch auch eine fortgesetzte Hilfebedürftigkeit. Es verstoße daher gegen die Würde des Menschen nach Art. 1 Grundgesetz, wenn der Antragsteller gezwungen wäre, die Schulausbildung aus finanziellen Gründen abzubrechen.
Arge muss Monatskarte bezahlen
Die
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.08.2010
Quelle: SG Gießen/ra-online
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 10143
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss10143
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.