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Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 22.08.2012
- 5 U 496/12 -
Mögliche Nervschädigung: Zahnarzt muss vor Operation über seltenes jedoch folgenschweres Risiko umfassend aufklären
Bloßer kurzer Hinweis im schriftlichen Aufklärungsbogen kann unzureichend sein
Ein Arzt muss seinen Patienten vor einer Operation umfassend und sachgemäß über ein seltenes, den Patienten aber erheblich beeinträchtigendes Risiko des Eingriffs aufklären. Besteht etwa bei einer zahnärztlichen Versorgung mit Implantaten die seltene, aber gravierende Gefahr einer dauerhaft verbleibenden Nervschädigung, ist der Patient über Inhalt und Tragweite dieser möglichen Folge hinreichend zu informieren. Der bloße Hinweis "Nervschädigung" in einem schriftlichen Aufklärungsformular ist dabei ohne weitere Erläuterungen im Aufklärungsgespräch unzureichend. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Im zugrunde liegenden Streitfall setzte der beklagte
Ärztin kann sich an konkreten Inhalt des Aufklärungsgesprächs nicht mehr erinnern
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Arztes hatte vor dem Oberlandesgericht Koblenz keinen Erfolg. Das Gericht bestätigte, dass der Beklagte nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht habe, die Klägerin über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt zu haben. Die Ärztin, die das Aufklärungsgespräch mit der Klägerin führte, habe sich an den konkreten Inhalt des Gesprächs nicht mehr erinnern können.
Unzureichende Aufklärung führt zur Haftung des Arztes für schädliche Folgen der Behandlung
Und auch durch das schriftliche Formular sei keine hinreichende Aufklärung der Klägerin erfolgt. Zwar stand im schriftlichen Aufklärungsbogen, die Behandlung berge das Risiko der "Nervschädigung". Daraus – so das Gericht – erschließe sich dem Patienten aber nicht, dass die Nervschädigung zu einem dauerhaft verbleibenden Schaden mit nicht mehr zu beseitigenden Sensibilitätsstörungen führen könne. Auch wenn ein solcher Dauerschaden ein seltenes Risiko sei, müsse der Arzt umfassend über die Folgen aufklären, weil die Komplikation die weitere Lebensführung der Patientin besonders nachhaltig und tiefgreifend beeinträchtigen könne. Wegen der unzureichenden Aufklärung habe die Klägerin – die bei ordnungsgemäßer Information eine andere Behandlung gewählt hätte – in den Eingriff nicht wirksam eingewilligt, was zur Haftung des Beklagten für die schädlichen Folgen der Behandlung führe.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.09.2012
Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online
- Misslungene Schönheitsoperation – Patient hat dennoch keinen Anspruch auf Schadensersatz vom Arzt
(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 25.01.2012
[Aktenzeichen: 4 U 103/10]) - Operierender Chefarzt muss ordnungsgemäße Aufklärung über Risiken der Operation sicherstellen
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.11.2006
[Aktenzeichen: VI ZR 206/05])
Jahrgang: 2012, Seite: 1286 MDR 2012, 1286
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Dokument-Nr. 14212
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