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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 25.01.2018
- C-473/16 -
Psychologischer Test zur Bestimmung der sexuellen Orientierung von Asylbewerbern unzulässig
Test stellt unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dar
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass ein Asylbewerber keinem psychologischen Test zur Bestimmung seiner sexuellen Orientierung unterzogen werden darf. Die Durchführung eines solchen Tests stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben des Asylbewerbers dar.
Im zugrunde liegenden Fall stellte ein nigerianischer Staatsangehöriger April 2015 bei den ungarischen Behörden einen Asylantrag, den er damit begründete, dass er befürchte, in seinem Herkunftsland wegen seiner Homosexualität verfolgt zu werden. Obwohl die ungarischen Behörden in seinen Angaben keine Widersprüche feststellten, wiesen sie seinen Antrag mit der Begründung ab, dass das von ihnen in Auftrag gegebene psychologische
Asylbewerber rügt Beeinträchtigung seiner Grundrechte
Der
Nationales Gericht erbittet Vorabentscheidung zur Zulässigkeit von Gutachten und alternativen Möglichkeiten zur Prüfung von Angaben
Das mit der Klage befasste Szegedi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szeged, Ungarn) legt dem Gerichtshof die Frage vor, ob die ungarischen Behörden sich bei der Würdigung der Angaben eines Asylbewerbers zu seiner sexuellen Orientierung auf ein psychologisches
Erstellung eines Gutachtens muss mit Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Einklang stehen
In seinem Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die Richtlinie, die die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling regelt*, es den Behörden erlaubt, im Rahmen der Prüfung eines Asylantrags ein
Nationalen Behörden und Gerichte dürfen Entscheidungen nicht allein auf Ergebnisse eines Gutachtens stützen
In diesem Zusammenhang lässt sich nicht ausschließen, dass sich bei der Würdigung der Aussagen eines Asylbewerbers zu seiner sexuellen Orientierung bestimmte Arten von
Einholung eines psychologischen Gutachtens zur Bestimmung der sexuellen Orientierung stellt Eingriff in Recht auf Privatleben dar
Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass sich ein
Gutachten würde Einblick in intimste Lebensbereiche des Asylbewerbers geben
Zur Frage, ob dieser Eingriff in das Privatleben durch den Zweck gerechtfertigt sein kann, Anhaltspunkte zusammenzutragen, die eine Einschätzung ermöglichen, inwieweit der
Gutachten zur Bewertung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zur sexuellen Orientierung nicht unverzichtbar
Der Gerichtshof weist außerdem darauf hin, dass die Erstellung eines psychologischen Gutachtens zur Bestimmung der sexuellen Orientierung eines Asylbewerbers nicht unverzichtbar ist, um die Glaubhaftigkeit von dessen Aussagen zu seiner sexuellen Orientierung zu bewerten. Insoweit betont der Gerichtshof, dass die Richtlinie es den nationalen Behörden, die über kompetentes Personal verfügen müssen, in einer Situation, in der Unterlagen zum Beweis für die sexuelle Orientierung des Asylbewerbers fehlen, erlaubt, sich u.a. auf die Kohärenz und die Plausibilität der Aussagen des Asylbewerbers zu stützen. Im Übrigen ist ein solches
Einholung psychologischer Gutachten zur Beurteilung der sexuellen Orientierung nicht mit EU-Richtlinie vereinbar
Unter diesen Umständen gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Einholung eines psychologischen Gutachtens zur Beurteilung der Frage, welche sexuelle Orientierung bei einem
Erläuterungen
* - Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011, L 337, S. 9).
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.01.2018
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
- EuGH zur Überprüfung der Glaubhaftigkeit einer behaupteten homosexuellen Ausrichtung eines Asylbewerbers
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 02.12.2014
[Aktenzeichen: C-148/13 bis C-150/13]) - "Phallometrische Untersuchung": Penis-Erektions-Kontrolle zur Feststellung der Homosexualität von Asylbewerbern in Tschechien ist eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK - keine Abschiebung nach Tschechien
(Verwaltungsgericht Schleswig, Beschluss vom 07.09.2009
[Aktenzeichen: 6 B 32/09])
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Dokument-Nr. 25435
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