wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollst�ndig mit dem Standard HTML 5 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben 'verschluckt' hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen


kostenlose-Urteile.de
Donnerstag, 25. April 2024

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Bitte geben Sie Ihren Suchbegriff für die Urteilssuche ein:
unsere Urteilssuche



Logo des Deutschen Anwaltsregister (DAWR)

BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungsstern5/0/5(1)
Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.12.2006
2 BvR 803/05 -

Beschwerde über bereits erledigte Angelegenheit muss trotzdem entschieden werden

Nach Verfahrenserledigung besteht bei fehlerhafter Sachbehandlung durch ein Gericht weiterhin Rechtschutz

Der Beschwerdeführerin, die ihren Sohn in der Justizvollzugsanstalt besuchen wollte, wurde der Zutritt zur Anstalt mit dem Hinweis verweigert, gegen sie sei ein vierwöchiges Hausverbot verhängt. Hiergegen erhob sie „Beschwerde“ zum Amtsgericht und beantragte die sofortige Aufhebung des Hausverbots sowie die Festsetzung eines neuen Besuchstermins. Das Amtsgericht nahm an, die Angelegenheit falle nicht in die Zuständigkeit des Haftrichters nach § 119 Abs. 6 StPO, sondern nach anderen Vorschriften (§§ 23 ff. Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz - EGGVG -) in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts, und leitete die Sache an dieses weiter.

Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft in einer Stellungnahme zu dem Antrag Zweifel an der Antragsberechtigung der Beschwerdeführerin nach §§ 23 ff. EGGVG angemeldet hatte, behandelte das Oberlandesgericht die Eingabe als Dienstaufsichtsbeschwerde und veranlasste, ohne die Beschwerdeführerin hiervon zu unterrichten, die Weiterleitung an die Justizvollzugsanstalt. Nach Ablauf des vierwöchigen Hausverbots wies die Justizvollzugsanstalt die Dienstaufsichtsbeschwerde zurück. Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin beim Oberlandesgericht, festzustellen, dass das gegen sie verhängte Hausverbot und sein Vollzug rechtswidrig gewesen seien. Die Generalstaatsanwaltschaft nahm zu dem Antrag dahingehend Stellung, dass das Hausverbot einer gerichtlichen Überprüfung nicht unterliege, sondern nur mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde angreifbar sei. Das Oberlandesgericht wies den Antrag als unzulässig zurück, weil das Hausverbot sich erledigt und die Beschwerdeführerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit kein berechtigtes Interesse habe.

Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hob den Beschluss des Oberlandesgerichts auf, da er die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz und ihrem Anspruch auf ein faires Verfahren verletze.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Mit der Verpflichtung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und den Anforderungen eines fairen Verfahrens ist es unvereinbar, wenn Gerichte dem Betroffenen eine Entscheidung zur Sache wegen Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens versagen, nachdem sie selbst durch verfahrensfehlerhafte Behandlung des zugrunde liegenden Antrags verhindert haben, dass eine gerichtliche Entscheidung vor Erledigung zustande kam.

Das Oberlandesgericht hat bei der Prüfung des Feststellungsinteresses den Umstand nicht berücksichtigt, dass es die zum Amtsgericht erhobene „Beschwerde“ der Beschwerdeführerin in der Zeit bis zur Erledigung nicht sachgemäß behandelt und dadurch eine Entscheidung vor Eintritt der Erledigung verhindert hat. Die Behandlung des Schreibens der Beschwerdeführerin als Dienstaufsichtsbeschwerde war unsachgemäß. Es war unschwer als Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung zu erkennen. Das Schreiben war an das Amtsgericht adressiert, enthielt förmliche Anträge in der Sache und ein Beweisangebot. Optisch hervorgehoben verlangte die Beschwerdeführerin eine sofortige Entscheidung. Nach alledem durfte das Oberlandesgericht nicht davon ausgehen, es handle sich um eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Auch Zweifel des Oberlandesgerichts, ob die "Beschwerde" als Antrag nach § 23 EGGVG zulässig war, rechtfertigten die Behandlung als Dienstaufsichtsbeschwerde nicht. Die Annahme, das Hausverbot sei für die Beschwerdeführerin nur im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde angreifbar, wäre mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG offensichtlich nicht vereinbar. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin von der Behandlung des Antrags als Dienstaufsichtsbeschwerde nicht in Kenntnis gesetzt und damit außerstande gesetzt wurde, ihrerseits auf eine zeitgerechte gerichtliche Entscheidung hinzuwirken. Angesichts dieser vorausgegangenen Fehlbehandlung, die zur Folge hatte, dass vor Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens der geltend gemachte Anspruch der Beschwerdeführerin von keinem Gericht inhaltlich geprüft wurde, durfte das Oberlandesgericht nach eingetretener Erledigung ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Beschwerdeführerin nicht verneinen.

Werbung

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 08/07 des BVerfG vom 26.01.2007

Aktuelle Urteile aus dem Staatsrecht | Verfassungsrecht

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Dokument-Nr.: 3708 Dokument-Nr. 3708

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss3708

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Schicken Sie uns Ihr Urteil!Ihre Kanzlei hat interessante, wichtige oder kuriose Fälle vor Gericht verhandelt?
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.
BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertung: 5 (max. 5)  -  1 Abstimmungsergebnis Bitte bewerten Sie diesen Artikel.0

Kommentare (0)

 
 

Werbung

Drucken
 
Sie brauchen Hilfe vom Profi?