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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.07.2016
- 2 BvR 548/16 -
BVerfG: Erhebliche Suizidgefahr ohne Aussicht auf Besserung kann dauerhaften Vollstreckungsschutz rechtfertigen
Beachtung des Gesundheits- und Lebensschutzes des Art. 2 Abs. 2 GG
Besteht im Falle der Zwangsversteigerung eine erhebliche Suizidgefahr beim Grundstückseigentümer, kann die dauerhafte Einstellung der Zwangsvollstreckung gerechtfertigt sein, wenn eine Besserung des Zustands nicht zu erwarten ist. In diesem Fall wiegt der Gesundheits- und Lebensschutz aus Art. 2 Abs. 2 GG schwerer als die Vermögensinteressen des Gläubigers. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall sollten sechs Grundstücke, darunter das Wohnanwesen, einer 70-jährigen Frau zwangsversteigert werden. Das Amtsgericht Aachen stellte die
Verletzung des Grundrechts auf Leben und Gesundheit
Das Bundesverfassungsgericht entschied zu Gunsten der Grundstückseigentümerin. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung nicht ausreichend das Grundrecht auf Leben und Gesundheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG beachtet. Zwar werde bei erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit regelmäßig die
Notwendigkeit weiterer Feststellung zum Gesundheitszustand
Laut den ärztlichen Attesten sei es für die Grundstückseigentümerin am Besten gewesen, so das Bundesverfassungsgericht, wenn das Zwangsversteigerungsverfahren ihres Wohnhauses endgültig eingestellt würde. Solange der Verlust des Wohnanwesens gedroht habe, sei sie weiter als schwer suizidgefährdet einzustufen gewesen. Auf dieser Grundlage sei es nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht nachvollziehbar gewesen, wie Leben und Gesundheit der Grundstückseigentümerin durch eine bloße vorübergehende Vollstreckungseinstellung habe geschützt werden können. Es hätte vielmehr weiterer Feststellungen zu dem Gesundheitszustand der Grundstückseigentümerin und den langfristig bestehenden Lösungsmöglichkeiten für den Konflikt zwischen der Gesundheitsgefahr und den Vermögensinteressen der Gläubigerin bedurft.
Fehlende Angaben zum Wert des Grundstücks
Es sei darüber hinaus nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zu beanstanden, dass Angaben zu Art und Umfang der gegenläufigen Interessen der Gläubigerin gefehlt haben. So habe das Landgericht weder die Höhe der Ansprüche, noch den Wert des Grundstücks beziffert oder zumindest geschätzt.
Vorläufige Aussetzung der Verfahren
Das Bundesverfassungsgericht setzte die Verfahren vorläufig aus, bis das Landgericht eine neue Entscheidung erlassen hat.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.01.2017
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)
- Amtsgericht Aachen, Beschluss vom 13.11.2015
[Aktenzeichen: 018 K 266/12, 018 K 267/12, 018 K 268/12, 018 K 269/12, 018 K 270/12, 018 K 271/12] - Landgericht Aachen, Beschluss vom 09.03.2016
[Aktenzeichen: 3 T 362/15, 3 T 363/15, 3 T 364/15, 3 T 365/15, 3 T 366/15, 3 T 367/15]
Jahrgang: 2016, Seite: 3090 NJW 2016, 3090 | Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM)
Jahrgang: 2016, Seite: 807 NZM 2016, 807 | Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM)
Jahrgang: 2016, Seite: 729 WuM 2016, 729
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Dokument-Nr. 23662
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