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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.12.2007
- 2 BvR 1061/05 -
BVerfG zur Weiterbeschäftigung eines Strafgefangenen bei einem privaten Unternehmen
Öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit der Justizvollzugsanstalt
Werden Gefangene bei privaten Unternehmen beschäftigt, so darf die Zuordnung von Entscheidungsbefugnissen und Verantwortung von Verfassungs wegen nicht so beschaffen sein, dass Gefangene für Ansprüche, die ihr Arbeitsverhältnis betreffen, keinen handlungs- und verantwortungsfähigen Adressaten mehr vorfinden. Grundrechtserhebliche Belange, für die der Gefangene rechtlichen Schutz erwarten darf, müssen entweder, wie im Fall des freien Beschäftigungsverhältnisses, durch privatrechtliche Ansprüche gegenüber dem Unternehmer, oder durch öffentlichrechtliche Verantwortlichkeiten der Anstalt geschützt sein. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Der Beschwerdeführer ist
Der Beschwerdeführer hatte demgegenüber unter Benennung von Zeugen vorgetragen, der zuständige Vertreter des Unternehmens habe sich ihm gegenüber über die Behauptung der Anstalt, er sei zu einer Weiterbeschäftigung nicht bereit, überrascht geäußert und erklärt, von ihm aus könne der Gefangene jederzeit wieder anfangen. Die
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Werden Gefangene bei privaten Unternehmen beschäftigt, so darf die Zuordnung von Entscheidungsbefugnissen und Verantwortung von Verfassungs wegen nicht so beschaffen sein, dass Gefangene für Ansprüche, die ihr Arbeitsverhältnis betreffen, keinen handlungs- und verantwortungsfähigen Adressaten mehr vorfinden. Grundrechtserhebliche Belange, für die der Gefangene rechtlichen Schutz erwarten darf, müssen entweder, wie im Fall des freien Beschäftigungsverhältnisses, durch privatrechtliche Ansprüche gegenüber dem Unternehmer, oder durch öffentlichrechtliche Verantwortlichkeiten der Anstalt geschützt sein. Das Bundesverfassungsgericht hat dementsprechend die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes zur Gefangenenarbeit gerade und nur im Hinblick darauf als verfassungskonform angesehen, dass für die Beschäftigungsverhältnisse der Gefangenen, soweit sie nicht dem Schutz des Arbeitsrechts unterstehen, eine öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit der Anstalt besteht.
Sowohl die Justizvollzugsanstalt als auch das Landgericht haben die grundrechtlichen Anforderungen an den Umgang mit dem Begehren des Beschwerdeführers verkannt. Mit der Frage, wie die vom Beschwerdeführer ausgeübte Einkaufshelfertätigkeit in das Regelwerk des Strafvollzugsgesetzes zur Gefangenenarbeit rechtlich einzuordnen ist, haben sie sich nicht auseinandergesetzt. Sie haben hinsichtlich der Entscheidung über die Wiederbeschäftigung des Beschwerdeführers jede über eine bloße Anregung an das Betreiberunternehmen hinausgehende Verantwortlichkeit der Anstalt verneint. Zugleich bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass anstelle der verneinten Verantwortlichkeit der Anstalt eine privatrechtliche Verantwortlichkeit des Betreiberunternehmens gegenüber dem Beschwerdeführer bestanden hätte; jedenfalls hat weder die Anstalt noch das Landgericht den Beschwerdeführer hierauf verwiesen oder die Rechtslage insoweit geprüft. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Gefangener bei einem privaten Unternehmer Arbeit in einem rechtsfreien Raum leistet, in dem grundrechterhebliche Belange, für die er rechtlichen Schutz erwarten darf, weder durch privatrechtliche Ansprüche gegenüber dem Unternehmer noch durch öffentlichrechtliche Verantwortlichkeiten der Anstalt geschützt sind.
Das Landgericht hat zudem seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt. Es hat entschieden, ohne in ausreichender Weise dem Hinweis des Beschwerdeführers auf eine ihm gegenüber bekundete Weiterbeschäftigungsbereitschaft des Unternehmens und der damit aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob die später erklärte ablehnende Haltung auf einer von der Anstalt unbeeinflussten Willensbildung beruhte.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.01.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 06/08 des BVerfG vom 23.01.2008
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Dokument-Nr. 5475
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