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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.11.2018
1 BvR 2716/17 -

Rechtsbegriffe in Zeitungsartikeln nur eingeschränkt gegen­darstellungs­fähig

Bei Bewertung von Äußerungen ist auf Verständnis eines durchschnittlichen Zeitungslesers abzustellen

Für einen Gegen­darstellungs­anspruch muss der Aussagegehalt der zu beanstandenden Äußerung eindeutig bestimmbar sein. Enthält die zu beanstandende Äußerung einen Rechtsbegriff, darf das Fachgericht nicht das eigene Fachwissen zugrunde legen. Es hat vielmehr auf das Verständnis des durchschnittlichen Zeitungslesers abzustellen. Dies entschied das Bundes­verfassungs­gericht und gab der Verfassungs­beschwerde eines Verlags statt, die sich gegen die Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung richtete.

Die Beschwerdeführerin des zugrunde liegenden Verfahrens verlegt eine überregionale Zeitung. Mit der Schlagzeile "B. EXKLUSIV Millionen-Gläubiger packt aus - B. verpfändete auch das Haus seiner Mutter!" kündigte diese ein Interview mit einem ehemaligen Geschäftspartner von B. an. Das Interview war auf Seite 3 der Ausgabe abgedruckt. Aus dem Interview ging zutreffend hervor, dass B. unter anderem ein Hausgrundstück, auf dem seine Mutter wohnte, auf eine Sicherheitenliste hatte eintragen lassen. Diese Sicherheitenliste verschaffte seinem Darlehensgläubiger einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eintragung eines Grundpfandrechts an den gelisteten Grundstücken, begründet aber kein Pfandrecht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Auf Antrag von B. erließ das Landgericht eine einstweilige Verfügung. Danach wurde die Beschwerdeführerin zum Abdruck folgender Gegendarstellung verpflichtet: "[...] Hierzu stelle ich fest: Ich habe das Haus meiner Mutter nicht verpfändet. [...]".

KG: Beanstandete Äußerung stellt gegendarstellungsfähige Tatsacheninformation dar

Auf den Widerspruch der Beschwerdeführerin bestätigte das Landgericht die einstweilige Verfügung. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin verwarf das Kammergericht. Zur Begründung führt das aus, dass die beanstandete Äußerung eine dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation darstelle und damit gegendarstellungsfähig sei. Für einen durchschnittlichen Bürger bedeute der Begriff "verpfänden", dass der bisherige Eigentümer nicht mehr über die Sache verfügen könne und der Gläubiger diese Sache gegebenenfalls berechtigterweise verwerten dürfe. Auf der Grundlage dieses Verständnisses sei der Begriff "verpfänden" nicht gleichbedeutend mit der Formulierung "als Sicherheit stellen". Die tatsächlich erfolgte, rein schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines Grundpfandrechts werde aus Sicht des Lesers daher nicht zutreffend beschrieben.

Zeitung sieht in Schlagzeile wertende Stellungnahme

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, dass es sich bei der Schlagzeile um eine wertende Stellungnahme handle, gegen die keine Gegendarstellung zulässig sei. Bereits die alltagssprachliche Verwendung des Begriffs "verpfänden" sei diffus. Die vorgenommene Würdigung des Inhalts der Schlagzeile risse diese aus ihrem Kontext. Die Gegendarstellung, die sie abdrucken müsse, sei zudem unzulässig mehrdeutig, da sie unterschlage, dass B. tatsächlich eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines Grundpfandrechts eingegangen sei.

BVerfG: Verpflichtung zum Abdruck der Gegendarstellung verletzt Grundrecht auf Pressefreiheit

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die zulässige Verfassungsbeschwerde begründet sei. Die Verpflichtung zum Abdruck der Gegendarstellung verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Das Gericht habe bei der Titelschlagzeile zu Unrecht eine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung angenommen. Eine Titelschlagzeile sei als solche isoliert gegendarstellungsfähig, wenn sie ohne Berücksichtigung des damit betitelten oder angekündigten Berichts in ihrem Kern eine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung enthalte. Lasse sich eine Titelschlagzeile unterschiedlich verstehen, müsse zumindest die für die Gegendarstellung maßgebliche Tatsachenbehauptung eindeutig bestimmbar sein. Ansonsten werde nicht klar, gegen welche Äußerung sich die betroffene Person mit ihrer Gegendarstellung zur Wehr setzen möchte, so das Bundesverfassungsgericht. Vorliegend sei eine für juristische Laien eindeutig bestimmbare Tatsachenbehauptung nicht erkennbar. Es sei nicht auszuschließen, dass der in der Schlagzeile verwendete Begriff der "Verpfändung" von einem durchschnittlichen Zeitungsleser auch als Beschreibung einer schuldrechtlichen Sicherungsbestellung verstanden werden könne. In einem solchen Fall dürften die Fachgerichte nicht auf ihr eigenes juristisches Begriffsverständnis zurückgreifen, sondern müssten das Verständnis eines Laien zugrunde legen.

Verfassungsrechtlich zulässiger Gegendarstellungsanspruch muss tatsächlicher Gegendarstellung dienen

Auch der Inhalt der zugesprochenen Gegendarstellung sei zu beanstanden. Die als Gegendarstellung abgedruckte Erklärung "[...] Hierzu stelle ich fest: Ich habe das Haus meiner Mutter nicht verpfändet. [...]" sei ihrerseits interpretationsbedürftig und stelle laut Bundesverfassungsgericht eine bloße Negation der Titelschlagzeile dar. Ein verfassungsrechtlich zulässiger Gegendarstellungsanspruch müsse jedoch der tatsächlichen Gegendarstellung und nicht der bloßen Gegenbehauptung oder Richtigstellung unvertretbarer Rechtsbehauptungen dienen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.12.2018
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 05.09.2017
    [Aktenzeichen: 27 O 438/17]
  • Kammergericht Berlin, Urteil vom 30.10.2018
    [Aktenzeichen: 10 U 91/17]
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Kommentare (1)

 
 
Durchschnittlicher Zeitungsablehner schrieb am 20.12.2018

Ha! Da isser wieder - der "Durchschnittsmensch". In seiner letzten Steigerungsform als "billig und gerecht denkend" diffamiert.

Wer das sein soll? Das weiss niemand, ist nirgends definiert. Schon gar nicht im Gesetz.

Wann immer ein Gericht gegen die Rechtsordnung zu verstoßen gedenkt wird er aus der Mottenkiste der Pseudoargumente gezogen und als "Maßstab" in den Raum gestellt um dann daran das eigene Ansinnen anheften zu können.

Früher nannte man Pfändungen übrigens "Kuckuck" - und wenn dieses possierliche Tierchen im Haushalt unterwegs war gehörten einem die Sachen - auf denen er nistete - nicht mehr. Das wußten alle, sogar Großmutter.

Im Gegensatz dazu dient(e) eine "Sicherheitsleistung" eben nur solange als Sicherheit, bis "eine Sache vom Tisch war"...

Liebes Bundesrechtfertigungsgericht: Wer hat denn da angerufen? Die Kanzlerin persönlich oder jemand aus ihrem (Verleger-) Umfeld?

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