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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.12.2020
- 1 BvQ 152/20 und 1 BvQ 165/20 -
BVerfG legt Begründung der Ablehnung mehrerer Eilanträge gegen das Inkrafttreten von Teilen des Arbeitsschutzkontrollgesetzes
Anträge auf Eilrechtsschutz teilweise bereits unzulässig und haben in der Sache keinen Erfolg
Das Bundesverfassungsgericht hat am 29. Dezember 2020 mehrere Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit denen verhindert werden sollte, dass Teile des am 30. Dezember 2020 verkündeten Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (Arbeitsschutzkontrollgesetz) zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.
Die Antragstellenden wenden sich mit Eilanträgen gegen neue Regelungen des am 30. Dezember 2020 verkündeten Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im
Antragsteller sind Einzelpersonen und Unternehmen aus der Fleischbranche
Die Antragstellenden sind Einzelpersonen und Unternehmen, die in Kernbereichen der Fleischwirtschaft tätig sind, auf die das
BVerfG: Angegriffene Regelung verändert lediglich die arbeitsvertraglichen Bedingungen
Die Anträge einer Arbeitnehmerin bei einem Werkvertragsunternehmen und von Inhabern von und Unternehmen der Fleischwirtschaft sind unzulässig. Es ist nicht hinreichend konkret dargelegt, dass die in einem verfassungsgerichtlichen Eilverfahren geforderten schweren Nachteile entstehen, wenn das Verfahren über die noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerden abgewartet wird. Die angegriffene Regelung, die es der Fleischwirtschaft untersagt, im Kernbereich Fremdpersonal einzusetzen, bewirkt für sie gerade kein „praktisches Verbot“ einer Berufstätigkeit, sondern verändert lediglich die arbeitsvertraglichen Bedingungen, zu denen sie diese ausüben kann. Gerade wenn die betroffenen Betriebe nicht mehr auf Fremdpersonal zugreifen können, erscheint es naheliegend, dass sie sich um die Einstellung der bereits eingearbeiteten Personen bemühen werden. Dann wäre die arbeitsschutzrechtliche Verantwortung vor Ort ebenso klar wie die Lohnzahlung direkt an sie.
Gravierende Nachteile nicht erkennbar
Desgleichen ist für die Unternehmer und als Unternehmen der Fleischwirtschaft, die im Kernbereich der Produktion bislang in großem Umfang Fremdpersonal eingesetzt haben, nicht erkennbar, dass für sie jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache derart gravierende Nachteile entstehen würden. Zwar sind sie in ihrer beruflichen Tätigkeit eingeschränkt, wenn sie für das Personal im Kernbereich andere Vertragsgestaltungen wählen müssen. Doch können sie bislang werkvertraglich oder in Leiharbeit eingesetztes Personal selbst einstellen und ihnen stehen arbeitsrechtliche Instrumente wie Arbeitszeitkonten, befristete Anstellungen oder Arbeit auf Abruf zur Verfügung, die eine gewisse Flexibilität ermöglichen. Belastungen, die daraus entstehen, das bisherige Geschäftsmodell umstellen zu müssen, genügen für sich genommen nicht, um die Dringlichkeit einer Eilentscheidung gegen ein Gesetz zu begründen.
In der Sache jedoch keinen Erfolg
Die Anträge von Inhabern von Werkvertragsunternehmen und dieser Unternehmen selbst sowie von Leiharbeitsunternehmen, die bisher Aufträge im Kernbereich der Fleischwirtschaft erbracht haben, genügen den Darlegungsanforderungen zu den gravierenden Nachteilen zwar teilweise, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Interessen der Antragstellenden überwiegen nicht eindeutig gegenüber den Zielen des Gesetzgebers. Tatsächlich trifft die Antragstellenden mit der Neuregelung ein sektorales Tätigkeitsverbot im Kernbereich der Fleischwirtschaft. Es ist plausibel dargelegt, dass eine Rückkehr in das Geschäft der Werkvertragsunternehmen schwer möglich sein wird, sollten sich die Neuregelungen als verfassungswidrig erweisen. Doch ist insbesondere eine drohende Existenzgefährdung nicht in der gebotenen nachvollziehbaren, individualisierten und konkreten Weise dargelegt. Allgemeine oder nur mit Gesamtbeträgen bezifferte Verweise auf laufende Kosten aus Mietverträgen zur Unterbringung der Arbeitskräfte, aus Leasingverträgen für Fahrzeuge für ihren Transport und aus Arbeitsverträgen tragen insoweit nicht.
Folgeabwägung zulasten der Antragsteller
Erginge die einstweilige Anordnung und hätte die Verfassungsbeschwerde letztlich keinen Erfolg, würden die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele in diesem Zeitraum nicht verwirklicht. Im Kernbereich der Fleischwirtschaft wäre weiter Fremdpersonal tätig. Dort, wo Werkvertragsunternehmen weiter eingesetzt würden, wäre die arbeitsschutzrechtliche Verantwortung vor Ort weiterhin aufgespalten. Der Gesetzgeber geht nachvollziehbar davon aus, dass dies den Arbeitsschutzbehörden Kontrollen erschwert. Es liegt auch nahe, dass die gespaltene Verantwortung vor Ort den Beschäftigten selbst die Durchsetzung ihrer Schutzansprüche und fairer Arbeitsbedingungen erschwert. Weiter wären Beschäftigte im Rahmen von Werkverträgen und Leiharbeitskräfte nebeneinander tätig, was in der Praxis zu unübersichtlichen Verhältnissen und Verantwortlichkeitsdefiziten führt wie auch, aufgrund der Konkurrenz bei sehr hohem Arbeitsdruck, ungesicherter Fachqualifikation und Einarbeitung, zu Verstößen gegen arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen und zu den in diesem Sektor überdurchschnittlich häufigen Arbeitsunfällen.
Arbeitsschutz wiegt schwerer
Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde später aber als begründet, entstünden den Werkvertragsunternehmen durchaus gewichtige Nachteile. Ihnen wird ihre Tätigkeit nicht verboten, aber doch sektoral beschränkt, denn sie dürfen im Kernbereich der Fleischwirtschaft nicht mehr in der bisherigen Form tätig werden. Doch haben die Ziele des Gesetzgebers, insbesondere für mehr
Verletzung des Subsidiarität wegen nicht Ausschöpfung alle prozessualen Möglichkeiten
Die Eilanträge von familiengeführten mittelständischen Unternehmen der Herstellung von Wurst mit jeweils eigener Produktionsstätte haben ebenfalls keinen Erfolg. Ihre noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerden wären von vornherein unzulässig, soweit sie sich gegen das
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.01.2021
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)
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Dokument-Nr. 29711
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