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Bundessozialgericht, Urteil vom 18.11.2014
- B 1 KR 13/13 R -
Präimplantationsdiagnostik ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
PID-IVF-Behandlung ist keine Krankenbehandlung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass Ehepaar keinen Anspruch auf Kostenerstattung für eine Präimplantationsdiagnostik hat, da es sich bei der Präimplantationsdiagnostik in Kombination mit einer künstlichen Befruchtung um keine Krankenbehandlung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung handelt
Der bei der beklagten
Krankenkasse lehnt Zahlung eines Zuschusses zu kombinierten PID-IVF-Behandlungszyklen ab
Die
Vorinstanzen verneinen Kostenerstattungsanspruch
Das Sozialgericht hat die zuletzt auf Erstattung von 21.578,73 Euro Behandlungskosten und Freistellung von Kosten für zwei weitere Behandlungszyklen gerichtete Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung von 478,96 Euro, weil er insoweit eine Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet habe. Im Übrigen stehe dem Kläger für die PID-IVF-Versuche kein Kostenerstattungsanspruch zu, weil es sich dabei weder um eine Krankenbehandlung des Klägers (§ 27 SGB V) handele noch die Voraussetzungen für den Anspruch auf
Kläger hat mangels Fertilisationsstörung bei ihm oder seiner Ehefrau auch keinen (Teil-)Anspruch auf Leistungen zur künstlichen Befruchtung
Das Bundessozialgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen Die beklagte
Anspruch auf Erstattung für zwei in Belgien durchgeführte PID-IVF-Behandlungszyklen besteht ebenfalls nicht
Der Kläger kann auch Erstattung von 21.099,35 Euro für zwei im Jahr 2012 in Belgien durchgeführte PID-IVF-Behandlungszyklen nicht beanspruchen. Europäisches Gemeinschaftsrecht und deutsches Recht setzen hierfür voraus, dass ein entsprechender Leistungsanspruch im Inland bestünde. Daran fehlte es auch deshalb, weil die zwingend erforderliche zustimmende Bewertung einer Ethikkommission nach dem Embryonenschutzgesetz erst ab Februar 2014 auf gesetzlicher Grundlage möglich ist. Die Kosten der vor der Leistungsablehnung im Inland selbst verschafften Maßnahmen (478,96 Euro) beruhen zudem nicht auf der Leistungsverweigerung.
Rechtsvorschriften (Auszug)
Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - § 13 Absatz 3 Satz 1 Fall 2 (hier anzuwenden in der seit 01.07.2001 geltenden Fassung des Art. 5 Nr. 7 Buchst. b SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046)
Hat die
§ 13 Absatz 4 und 5 (hier anzuwenden in der seit 29.06.2011 geltenden Fassung des Art. 4 Nr. 3 Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.06.2011, BGBl I 1202)
1) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der
1) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. 2) Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl Nr L 166/1 vom 30.04.2004, berichtigt in ABl Nr. L 200/1 vom 07.06.2004)
Art. 20 Abs. 2
1) Ein Versicherter, der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten, erhält Sachleistungen, die vom Träger des Aufenthaltsorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers erbracht werden, als ob er nach diesen Rechtsvorschriften versichert wäre.
2) Die Genehmigung wird erteilt, wenn die betreffende Behandlung Teil der Leistungen ist, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats der betreffenden Person vorgesehen sind, und ihr diese Behandlung nicht innerhalb eines in Anbetracht ihres derzeitigen Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs ihrer Krankheit medizinisch vertretbaren Zeitraums gewährt werden kann.
Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz)
§ 3 a Absatz 1 bis 3 Embryonenschutzgesetz (eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik vom 21.11.2011, BGBl I 2228, mit Wirkung vom 8.12.2011)
(1) Wer Zellen eines Embryos in vitro vor seinem intrauterinen Transfer genetisch untersucht (Präimplantationsdiagnostik), wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2)
1. Besteht auf Grund der genetischen Disposition der Frau, von der die Eizelle stammt, oder des Mannes, von dem die Samenzelle stammt, oder von beiden für deren Nachkommen das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit, handelt nicht rechtswidrig, wer zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mit schriftlicher Einwilligung der Frau, von der die Eizelle stammt, nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik Zellen des Embryos in vitro vor dem intrauterinen Transfer auf die Gefahr dieser Krankheit genetisch untersucht.
2. Nicht rechtswidrig handelt auch, wer eine Präimplantationsdiagnostik mit schriftlicher Einwilligung der Frau, von der die Eizelle stammt, zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos vornimmt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird.
(3) Eine Präimplantationsdiagnostik nach Absatz 2 darf nur
1. nach Aufklärung und Beratung zu den medizinischen, psychischen und sozialen Folgen der von der Frau gewünschten genetischen Untersuchung von Zellen der Embryonen, wobei die Aufklärung vor der Einholung der Einwilligung zu erfolgen hat,
2. nachdem eine interdisziplinär zusammengesetzte Ethikkommission an den zugelassenen Zentren für Präimplantationsdiagnostik die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 2 geprüft und eine zustimmende Bewertung abgegeben hat und
3. durch einen hierfür qualifizierten Arzt in für die Präimplantationsdiagnostik zugelassenen Zentren, die über die für die Durchführung der Maßnahmen der Präimplantationsdiagnostik notwendigen diagnostischen, medizinischen und technischen Möglichkeiten verfügen,
vorgenommen werden. Die im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik durchgeführten Maßnahmen, einschließlich der von den Ethikkommissionen abgelehnten Fälle, werden von den zugelassenen Zentren an eine Zentralstelle in anonymisierter Form gemeldet und dort dokumentiert. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere
1. zu der Anzahl und den Voraussetzungen für die Zulassung von Zentren, in denen die Präimplantationsdiagnostik durchgeführt werden darf, einschließlich der Qualifikation der dort tätigen Ärzte und der Dauer der Zulassung,
2. zur Einrichtung, Zusammensetzung, Verfahrensweise und Finanzierung der Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik,
3. zur Einrichtung und Ausgestaltung der Zentralstelle, der die Dokumentation von im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik durchgeführten Maßnahmen obliegt,
4. zu den Anforderungen an die Meldung von im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik durchgeführten Maßnahmen an die Zentralstelle und den Anforderungen an die Dokumentation. Die zum Vollzug der Regelungen des § 3 a Embryonenschutzgesetz vorgesehene Rechtsverordnung ist am 01.02.2014 als Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (vom 21.02.2013, BGBl I 2013, 323) in Kraft getreten.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.11.2014
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
- BGH: Präimplantationsdiagnostik zur Entdeckung schwerer genetischer Schäden des extrakorporal erzeugten Embryos nicht strafbar
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.07.2010
[Aktenzeichen: 5 StR 386/09]) - Erbkrankheit: Krankenkasse muss keinen Gen-Test am Embryo bezahlen
(Sozialgericht Berlin, Urteil vom 16.04.2007
[Aktenzeichen: S 86 KR 660/04])
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Dokument-Nr. 19227
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