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Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.04.2012
XII ZR 99/10 -

Alzheimer: Rechtswirksame Eheschließung trotz Demenzerkrankung

Die Eheschließung setzt in der Regel die "Ehegeschäfts­fähigkeit" beider Partner voraus

Personen, die als nicht geschäftsfähig im Sinne des BGB gelten, werden analog dazu auch als nicht "ehegeschäftsfähig" eingestuft. Wird eine Heirat trotzdem vollzogen, kann diese Verbindung durch richterlichen Beschluss aufgehoben werden. Hierzu muss jedoch das öffentliche Interesse an einer Auflösung der Ehe dem Interesse an einer Aufrechterhaltung überwiegen. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, besteht kein Grund, die Verbindung im Nachhinein aufzuheben. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob eine Ehe, die geschlossen wurde, als einer der Ehepartner an Alzheimer erkrankt war, aufgehoben werden sollte. Die Nichte des erkrankten Mannes veranlasste einen Antrag auf Aufhebung der geschlossenen Ehe, da ihr Onkel zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht ehegeschäftsfähig gewesen sei.

Paar lebte bereits seit 30 Jahren in partnerschaftlichem Verhältnis

Das Paar lebte seit 30 Jahren in einem partnerschaftlichen Verhältnis, jedoch in getrennten Wohnungen. Im Jahr 2003 wurde der Mann infolge Alkoholmissbrauchs und mit Verdacht auf Alzheimer in eine geschlossene psychiatrische Klinik eingewiesen. Anschließend erfolgte die Verlegung ein auf Demenzkranke spezialisiertes Seniorenheim. Ein Jahr später zog der Mann gemeinsam mit seiner Partnerin in ein Haus, wo die Frau die Pflege des Mannes übernahm. Schließlich heiratete das Paar und vollzog die Trauung in dem gemeinsamen Haus.

Ehe mit einem Geschäftsunfähigen kann durch richterlichen Beschluss aufgehoben werden

Der Bundesgerichtshof lehnte den Antrag jedoch ab. Gemäß § 1304 BGB könne eine Person, die geschäftsunfähig sei, eine Ehe nicht eingehen. Geschäftsunfähig sei jeder, der sich in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinde. Die Geschäftsfähigkeit im Sinne des BGB sei unter Berücksichtigung der in Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Eheschließungsfreiheit als "Ehegeschäftsfähigkeit" zu beurteilen. Dabei komme es darauf an, ob der Eheschließende in der Lage sei, das Wesen der Ehe zu begreifen und insoweit eine freie Willensentscheidung zu treffen. Wurde eine Ehe durch einen Geschäftsunfähigen geschlossen, könne diese durch richterlichen Beschluss aufgehoben werden.

Ehe mit einem Ehegeschäftsunfähigen ist nur bei Gefährdung öffentlicher Interessen aufzuheben

Eine Ehe sei jedoch nur dann aufzuheben, wenn nicht die Aufhebung für einen Ehegatten oder aus der Ehe hervorgegangene Kinder eine so schwere Härte darstellten, dass die Aufrechterhaltung ausnahmsweise geboten erscheine. Das Paar lebte seit mehreren Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft, in der sich die Frau fürsorglich um ihren Partner kümmerte. Dies sei ein typischer Ausdruck gelebter ehelicher Solidarität in Verantwortungsgemeinschaft füreinander. Durch eine Aufhebung würde dieser langjährig gewachsenen Lebensgemeinschaft die rechtliche und gesellschaftliche Grundlage entzogen werden. Ein staatliches Ordnungsinteresse, das die Auflösung begründen würde, unterliege im vorliegenden Fall dem Eheerhaltungsinteresse deutlich. Dieses öffentliche Interesse sei nur dann gefährdet, wenn die Verbindung mit dem Zweck begründet worden wäre, in den Genuss staatlicher Leistungen zu kommen oder eherechtliche Ansprüche der Partner untereinander damit begründet werden sollen, von denen ausschließlich der geschäftsfähige Partner profitiere.

Von diesen Umständen könne vorliegend jedoch ganz offenbar nicht ausgegangen werden, so dass ein Grund zur Aufhebung der Ehe nicht vorgelegen habe.

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der Leitsatz

BGB §§ 1304, 1316 Abs. 3

a) In einem von der Verwaltungsbehörde beantragten Eheaufhebungsverfahren ist das Eingreifen der Härteklausel (§ 1316 Abs. 3 BGB) vom Gericht eigenständig zu prüfen. Ist dies zu bejahen, hat das Gericht den Antrag der Verwaltungsbehörde als unzulässig abzuweisen.

b) Bei der Prüfung des Härtefalls ist das bestehende öffentliche Ordnungsinteresse gegen die privaten Interessen der Ehegatten und Kinder unter Beachtung der Grundrechtsgarantien des Art. 6 Abs. 1 GG abzuwägen. Eine Aufhebung der Ehe ist jedenfalls dann nicht geboten, wenn vom Standpunkt eines billig und gerecht denkenden Betrachters dem öffentlichen Interesse an der Aufhebung kein wesentliches Gewicht mehr beigemessen werden kann.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.06.2012
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/st)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Schwarzenbek, Urteil vom 24.01.2008
    [Aktenzeichen: 8 F 564/05]
  • Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.06.2010
    [Aktenzeichen: 10 UF 30/08]
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