wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollst�ndig mit dem Standard HTML 5 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben 'verschluckt' hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen


kostenlose-Urteile.de
Mittwoch, 24. April 2024

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Bitte geben Sie Ihren Suchbegriff für die Urteilssuche ein:
unsere Urteilssuche



Logo des Deutschen Anwaltsregister (DAWR)

BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungsstern5/0/5(1)
Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.03.2014
XII ZB 511/13 -

BGH: Vor dem 31.12.2006 formell rechtskräftig abgeschlossenes Umgangsverfahren schließt Wiederaufnahme des Verfahrens nach Entscheidung des EGMR aus

Stichtagsregelung des § 35 EGZPO ist auf Kindschaftssachen anzuwenden

Ist ein Umgangsverfahren vor dem 31. Dezember 2006 formell rechtskräftig abgeschlossen worden, so kann das Verfahren wegen einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht nach § 580 Nr. 8 ZPO wieder aufgenommen werden. Denn insofern gilt die Stichtagsregelung des § 35 EGZPO. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall ging eine verheirate Frau mit einem Mann eine Affäre ein. Diese ging von Mai 2002 bis Oktober 2003. Im Juni 2003 wurde die Frau schwanger und gebar daraufhin im März 2004 einen Sohn. Der Mann war nunmehr der Meinung er sei der Vater des Kindes und verlangte ein Umgangsrecht. Da ihm dies von der Frau verweigert wurde, strengte er ein Gerichtsverfahren an. Sein Antrag auf Umgang mit dem Kind wurde aber sowohl vom Amtsgericht Fulda als auch vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 9. Februar 2006 zurückgewiesen. Im September 2006 erhob er vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde, welche aber erfolglos blieb. Er legte daher beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Individualbeschwerde ein. Der EGMR bejahte im September 2011 eine Verletzung des Art. 8 EMRK und verurteilte Deutschland unter anderem zur Zahlung eines Schadenersatzes von 5.000 Euro. Aufgrund des Urteils des EGMR beantragte der Vater des Kindes nunmehr die Wideraufnahme des Umgangsverfahrens.

Oberlandesgericht hielt Wiederaufnahme für zulässig

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hielt die Wiederaufnahme des Umgangsverfahrens gemäß § 580 Nr. 8 ZPO für zulässig und gab dem Antrag des Kindsvaters daher statt. Der Wiederaufnahme habe nicht der § 35 EGZPO entgegengestanden, wonach Verfahren die vor dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossen wurden, nicht wiederaufgenommen werden dürfen. Zwar sei das Umgangsverfahren mit Beschluss vom 9. Februar 2006 zumindest formell rechtskräftig abgeschlossen worden, jedoch sei zu beachten gewesen, dass Entscheidungen in Kindschaftssachen eine Dauerwirkung entfalten. Da sie gemäß § 1696 BGB jederzeit abänderbar seien, können sie nicht materiell rechtskräftig werden. Die Fürsorge gegenüber einem minderjährigen Kind habe stets Vorrang vor der Endgültigkeit einer getroffenen Entscheidung. Zudem habe nicht außer Acht bleiben dürfen, dass Deutschland seine völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen muss. Wozu auch die Beachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der dazugehörigen Entscheidungen des EGMR gehören. Gegen diese Entscheidung legte die Mutter des Kindes Rechtsbeschwerde ein.

Bundesgerichtshof verneinte Wiederaufnahme

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Kindsmutter und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Die Wiederaufnahme des Umgangsverfahrens gemäß § 580 Nr. 8 ZPO habe entgegenstanden, dass das Verfahren vor dem 31. Dezember 2006 abgeschlossen war. § 35 EGZPO gelte auch für das Umgangsverfahren. Unerheblich sei dabei, dass Entscheidungen im Umgangsrecht nicht materiell rechtskräftig werden.

Formelle Rechtskraft des Umgangsverfahrens stand Wiederaufnahme entgegen

Die formelle Rechtskraft des Umgangsverfahrens habe der Wiederaufnahme entgegengestanden, so der Bundesgerichtshof weiter. Formell rechtskräftig sei das Umgangsverfahren durch die Entscheidung im Februar 2006 und somit vor dem 31. Dezember 2006 geworden. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang die Verfassungs- und Individualbeschwerde gewesen, da diese die formelle Rechtskraft nicht verzögert haben. Vielmehr setzen beide Beschwerden die Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung voraus.

Stichtagsregelung verhindert unzulässige Rückwirkung

Darüber hinaus sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zu berücksichtigen gewesen, dass ohne die Vorschrift des § 35 EGZPO die Gefahr eines Eingriffs in bereits abgeschlossene Sachverhalte besteht. Eine solche rückwirkenden Anwendung der neuen Vorschrift des § 580 Nr. 8 ZPO sei aber unzulässig.

Kein Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen

Der Bundesgerichtshof sah in der Ablehnung der Wiederaufnahme auch keinen Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen. Insofern verwies der Gerichtshof darauf, dass die Einführung des Wiederaufnahmegrundes nach § 580 Nr. 8 ZPO weder aufgrund der Rechtsprechung des EGMR noch wegen der EMRK verpflichtend war. Somit sei es nicht zu beanstanden gewesen, den nicht zwingend erforderlichen Wiederaufnahmegrund einzuschränken.

Werbung

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.07.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
Aktuelle Urteile aus dem Europarecht | Familienrecht | Zivilprozessrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2014, Seite: 675
MDR 2014, 675
 | Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR)
Jahrgang: 2014, Seite: 577
NJW-RR 2014, 577

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Dokument-Nr.: 18550 Dokument-Nr. 18550

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss18550

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Schicken Sie uns Ihr Urteil!Ihre Kanzlei hat interessante, wichtige oder kuriose Fälle vor Gericht verhandelt?
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.
BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertung: 5 (max. 5)  -  1 Abstimmungsergebnis Bitte bewerten Sie diesen Artikel.0

Kommentare (0)

 
 

Werbung

Drucken
 
Sie brauchen Hilfe vom Profi?