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Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.06.2011
- KZR 75/10 -
BGH: Kartellteilnehmer haften auch mittelbar Geschädigten auf Schadensersatz
Anspruch auf Schadensersatz besteht auch für diejenigen Marktteilnehmer, auf deren Kosten kartellrechtlich verbotenes Verhalten praktiziert wird
Schadensersatz wegen Kartellrechtsverstößen können nicht nur unmittelbare Kunden der Kartellteilnehmer verlangen, sondern auch ihnen in der Absatzkette folgende Abnehmer. Der Kartellant kann aber gegen den Anspruch einwenden, der Anspruchsteller habe die kartellbedingte Preiserhöhung an seine eigenen Kunden weitergegeben. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hat die Klägerin die Beklagte aus abgetretenem Recht eines Druckereiunternehmens auf Schadensersatz wegen
Schaden, der ursächlich auf ein nach Unionsrecht verbotenes Kartell zurückzuführen ist, muss ersetzt werden
Mit seiner Entscheidung, dass auch in der Absatzkette folgenden indirekten Abnehmern ein Schadensersatzanspruch wegen kartellbedingter Preiserhöhungen zustehen kann, trägt der Bundesgerichtshof dem Umstand Rechnung, dass die nachteiligen Folgen eines Preiskartells sich nicht notwendigerweise bei den unmittelbaren Abnehmern der Kartellanten realisieren, sondern – weil diese die Preiserhöhungen weitergeben können – oft auf nachfolgende Marktstufen verlagert werden. Nach dem Sinn und Zweck des Kartell- und Schadensersatzrechts ist es aber geboten, dass auch diejenigen Marktteilnehmer ihren Schaden ersetzt erhalten, auf deren Kosten ein kartellrechtlich verbotenes Verhalten letztlich praktiziert wird. Dies ist auch die Auffassung des Gerichtshofs der europäischen Union, der bereits ausgesprochen hat, dass jedermann berechtigt ist, Ersatz des ihm entstandenen Schadens zu verlangen, der ursächlich auf ein nach Unionsrecht verbotenes Kartell zurückzuführen ist.
"passing-on defence"
Wie der Bundesgerichtshof weiter entschieden hat, ist der Kartellteilnehmer aber grundsätzlich berechtigt, dem Schadensersatz verlangenden Abnehmer entgegenzuhalten, dass dieser die von ihm gezahlten kartellbedingt überhöhten Preise an seine eigenen Kunden weitergegeben und deswegen letztlich keinen Schaden mehr hat ("passing-on defence"). Durch diese Vorteilsausgleichung wird eine unverhältnismäßige mehrfache Inanspruchnahme des Kartellanten für einen nur einmal entstandenen Schaden ebenso vermieden wie eine ungerechtfertigte Bereicherung direkter Abnehmer, soweit sie tatsächlich wirtschaftlich keinen Schaden erlitten haben. Beteiligte des Kartells haften auch für den Schaden, der Abnehmern dadurch entsteht, dass sie über den Großhandel von anderen Kartellteilnehmern bezogen haben.
§ 33 GWB zum Zeitpunkt der maßgeblichen Warenlieferungen noch nicht gültig
Grundlage des Schadensersatzanspruchs im Streitfall ist § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit Art. 81 EG (heute Art. 101 AEUV). Auf § 33 GWB konnte die Klage nicht gestützt werden, da diese Norm im Zeitraum der maßgeblichen Warenlieferungen noch nicht galt. Der Bundesgerichtshof hat jedoch klargestellt, dass sich nach geltendem Recht keine grundsätzlich abweichende Beurteilung ergibt.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.07.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Landgericht Mannheim, Urteil vom 29.04.2005
[Aktenzeichen: 22 O 74/04] - Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 11.06.2010
[Aktenzeichen: 6-U 118/05 (Kart)]
- 100-Millionen-Euro-Schadenersatzklage gegen Zementkartell ist zulässig
(Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2008
[Aktenzeichen: VI-U (Kart) 14/07]) - EuGH: Keine Geldbuße für Papierfabrik wegen Beteiligung an einem Kartell
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 03.09.2009
[Aktenzeichen: C-322/07 P, C-327/07 P und C-338/07 P])
Jahrgang: 2012, Seite: 789 JZ 2012, 789
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Dokument-Nr. 11886
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