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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.07.2008
I ZB 87/06 -

Anspruch auf Namensnennung des Vaters mit Zwangshaft durchsetzbar

BGH: Kindesmutter ist auskunftspflichtig

Der titulierte Anspruch auf Nennung des Vaters des nichtehelichen Kindes ist in der Regel auch vollstreckbar.

Der Bundesgerichtshof begründete dies im vorliegenden Beschluss damit, dass durch die Vollstreckung der Eingriff in die Grundrechte der auskunftspflichtigen Kindesmutter nicht über das Maß hinaus vertieft werde, in dem ihre grundrechtlich geschützten Interessen bereits durch die rechtskräftige Verurteilung berührt seien. Gläubiger des Anspruchs ist der sogenannte Scheinvater des 1989 geborenen Sohnes. Zuvor hatte er seine Vaterschaft urkundlich anerkannt.

BGH bestätigt Urteil des Landgerichts Gera

Die Mutter war vom erkennenden erstinstanzlichen Landgericht verurteilt worden, dem Scheinvater den Namen des biologischen Vaters des Kindes zu benennen. Auf Antrag des Scheinvaters setzte das Landgericht mit rechtskräftigem Beschluss gegen die Mutter zur Erzwingung der Auskunft ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € fest, ersatzweise für je 100 € einen Tag Zwangshaft. Nachdem das Zwangsgeld nicht hatte beigetrieben werden können, hatte der Scheinvater den Erlass eines Haftbefehls gegen die Mutter beantragt. Dem war die Mutter entgegengetreten. Dabei berief sie sich darauf, dass im Rahmen des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens Fehler gemacht worden seien und dass der Scheinvater auch der wirkliche (biologische) Vater ihres Sohnes sei.

Verurteilung auf Auskunftserteilung ist als unvertretbare Handlung vollstreckbar

Der BGH führte aus, dass die Verurteilung auf die Erteilung einer Auskunft gerichtet sei, die nur aufgrund des persönlichen Wissens der Schuldnerin gegeben werden könne und daher als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO zu vollstrecken sei. Die Festsetzung von Zwangsgeld und (Ersatz-)Zwangshaft als Beugemittel gegen die Schuldnerin sei ein eigener Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für die Beitreibung des Zwangsgeldes und die Vollstreckung der (Ersatz)Zwangshaft. Der Erlass des daraufhin beantragten Haftbefehls könne nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Verurteilung auf Erteilung der Auskunft über den Namen des Kindesvaters wegen eines Grundrechtsverstoßes nicht vollstreckbar sei.

Grundrechte und Verhältnismäßigkeitsprinzip gelten auch in der Zwangsvollstreckung

Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Grundrechte und die aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitenden Verfassungsprinzipien, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, beanspruchten auch im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens Geltung. Bei der Auslegung der Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrecht seien sie zu berücksichtigen.

Entsprechende Anwendung von § 888 Abs. 3 ZPO

Dem könne im Zwangsvollstreckungsrecht durch eine entsprechende Anwendung von § 888 Abs. 3 ZPO Rechnung getragen werden. Danach ist die Vollstreckung im Falle der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe, zur Herstellung des ehelichen Lebens und zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag ausgeschlossen. Entsprechend § 888 Abs. 3 ZPO könne die Vollstreckung ausgeschlossen sein, wenn die Durchsetzung des Titels mit den Zwangsmitteln der ZPO einen Verstoß gegen die Grundrechte des Schuldners darstellen würde. Davon könne im zu entscheidenden Fall aber nicht ausgegangen werden.

Persönlichkeitsrecht der Mutter

Denn die Vollstreckung des Anspruchs auf Auskunft über den Vater ihres Kindes berühre zwar das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach dem Grundgesetz, nach dessen Art. 1 und 2 unter anderem das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehörten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbare. Es sei jedoch nicht schrankenlos gewährleistet.

Unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung

Soweit nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eingegriffen werde, habe der Einzelne die Einschränkungen hinzunehmen, die im überwiegenden Allgemeininteresse oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit vorgenommen würden. Diese grundrechtliche Problematik sei bereits im Erkenntnisverfahren zu erörtern. Dort sei zu ergründen ob dem geltend gemachten Anspruch auf Nennung des Kindesvaters Grundrechte der auf Auskunft in Anspruch genommenen Kindesmutter entgegenstünden. Führe die Abwägung unter Beachtung der grundrechtlich geschützten Interessen der Schuldnerin zu deren Verurteilung im Erkenntnisverfahren, so sei der titulierte Anspruch in der Regel auch vollstreckbar, weil durch die Vollstreckung der Eingriff in die Grundrechte der Schuldnerin nicht über das Maß hinaus vertieft werde, in dem ihre grundrechtlich geschützten Interessen bereits durch die Verurteilung berührt seien. Ein anderes Ergebnis sei nur zu erzielen, wenn im Einzelfall besondere, die Belange des Gläubigers deutlich überwiegende Umstände vorläge, um ausnahmsweise von einer Nichtvollstreckbarkeit entsprechend § 888 Abs. 3 ZPO ausgehen zu können. Dies sei in dem vorliegenden Fall aber nicht ersichtlich.

Versäumnisurteil begründet keinen Zweifel an fehlerhafter Interessenabwägung

Auch daraus, dass der der Vollstreckung zugrunde liegende Titel als Versäumnisurteil ergangen war, könne nicht hergeleitet werden, dass die verfassungsrechtlich gebotene Interessenabwägung entweder vollständig unterblieben oder rechtlich fehlerhaft vorgenommen worden sei. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass das Versäumnisurteil rechts- und verfahrensfehlerfrei ergangen sei. Zwar könne bei einem Versäumnisurteil auf Entscheidungsgründe verzichtet werden. Sehe das Gericht danach – so der Regelfall – von einer Begründung seines Versäumnisurteils ab, ergebe sich allein daraus aber kein Anhaltspunkt für die Annahme, es habe von der Schlüssigkeitsprüfung nach § 331 Abs. 2 ZPO abgesehen oder diese nicht rechtsfehlerfrei vorgenommen.

Mutter hatte Anerkenntnis des Scheinvaters veranlasst

Es begegne unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keinen Bedenken, wenn dem Scheinvater, der mit Zustimmung der Mutter die Vaterschaft anerkannt hatte, ein zivilrechtlicher Anspruch gegen die Mutter auf Nennung des tatsächlichen Vaters zugesprochen werde, nachdem die Unwirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung rechtskräftig festgestellt worden ist. Spätestens mit der Zustimmungserklärung nach dem damals geltenden Familiengesetzbuch der DDR (§ 55 Abs. 1 Satz 1 FGB) habe die Mutter zum Ausdruck gebracht, das Kind stamme von dem Scheinvater. Sie habe sich folglich schon dadurch auch über die Tatsache des geschlechtlichen Verkehrs geäußert, und zwar in einer für den Scheinvater nachteiligen Weise. Da nunmehr die Unrichtigkeit ihrer Erklärung feststehe, sei es ihr zuzumuten, durch Angabe des tatsächlichen Vaters an der Beseitigung der dem Scheinvater entstandenen Nachteile mitzuwirken.

Mutter hatte keine Rechtsmittel eingelegt

Überdies sei im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die Mutter im Verfahren vor dem Amtsgericht, das die Sache anschließend an das Landgericht verwiesen hatte, persönlich angehört worden sei und sie sodann gegen das aufgrund ihres Nichterscheinens im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ergangene Versäumnisurteil keinen Einspruch eingelegt habe. Auch gegen den die Zwangsmittel anordnenden Beschluss habe sie kein Rechtsmittel eingelegt.

Kein schützenswertes Interesse der Mutter

Deshalb könne ein schützenswertes Interesse der Mutter nicht angenommen werden. Vielmehr bestehe ein vorrangiges öffentliches Interesse daran, dass dem Gläubiger, dem der Staat als Inhaber des Zwangsmonopols die Selbsthilfe verbiete, die Verwirklichung des ihm rechtskräftig zugesprochenen Anspruchs ermöglicht werde. Die Beachtung dieses Interesses diene der Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtsordnung, welche ihrerseits Grundbestandteil der rechtsstaatlichen Ordnung sei. Auch könne die Mutter die ihr drohende Haft durch Erteilung der Auskunft ohne weiteres abwenden.

Maßgeblich ist neue BGH-Rechtsprechung zur Namensnennung

Durch die Vollstreckung könne der Scheinvater die Identität des tatsächlichen Vaters herausfinden und diesen damit nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB auf übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne der Scheinvater in Fällen der vorliegenden Art die Vaterschaft inzident im Rahmen eines Prozesses über den Scheinvaterregress feststellen lassen.

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der Leitsatz

ZPO § 888 Abs. 3

Der titulierte Anspruch auf Nennung des Vaters des nichtehelichen Kindes ist in der Regel auch vollstreckbar, weil durch die Vollstreckung der Eingriff in die Grundrechte der auskunftspflichtigen Kindesmutter nicht über das Maß hinaus vertieft wird, in dem ihre grundrechtlich geschützten Interessen bereits durch die (rechtskräftige) Verurteilung berührt sind.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.09.2008
Quelle: ra-online

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