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Amtsgericht Goslar, Beschluss vom 29.01.2019
12 F 226/17 SO -

Hörbehinderte Eltern können nicht zu Cochlea-Implantation für ebenfalls hörbehindertes Kind gezwungen werden

Wohl des Kindes nicht gefährdet

Verweigern hörbehinderte Eltern eine Cochlea-Implantation bei ihrem ebenfalls gehörbehinderten Kind, liegt hierin keine Kindes­wohl­gefährdung, die familienrechtliche Maßnahmen in Form von Entzug der Gesundheitsfürsorge und des Aufenthalt­bestimmungs­rechts rechtfertigen können.

Im zugrunde liegenden Fall wurde auf eine Mitteilung des Jugendamtes Goslar ein Sorgerechtsverfahren gegen hörbehinderte Eltern eingeleitet, da diese eine Cochlea-Implantation für ihr ebenfalls hörbehindertes Kind verweigerten. Das Jugendamt fürchtete wegen der Verweigerung der Implantation eine erhebliche nachhaltige und schwerwiegende Schädigung des Kindes insbesondere im sozialen und späteren beruflichen Leben. Die Kindeseltern waren hingegen der Auffassung, dass das Operationsrisiko bei der Narkose und die Gefahr möglicher Hirn- und Nervenschädigungen zu hoch seien, während es ungewiss sei, ob sich das Sprach- und Hörvermögen ihres Kindes wesentlich verbessern werde.

Bestmögliche Förderung der Fähigkeiten des Kindes kann nicht gegen den Willen der Eltern erfolgen

Das Amtsgericht Goslar sah keine ausreichenden Gründe für familiengerichtliche Maßnahmen, da das Kindeswohl nicht gefährdet sei. Aufgabe des Wächteramtes des Staates sei es nicht, gegen den Willen der Eltern für eine bestmögliche Förderung der Fähigkeiten des Kindes zu sorgen und dafür Sorge zu tragen, dass eine Cochlea-Implantation zur Herstellung der Hör- und Sprachfähigkeit vorgenommen werde. Vielmehr weise Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes den Eltern die primäre Entscheidungszuständigkeit bezüglich der Förderung ihrer Kinder zu. Dabei werde auch in Kauf genommen, dass Kinder durch die Entscheidung der Eltern wirkliche oder vermeintliche Nachteile erlitten. Ein Eingriff in dieses Grundrecht, insbesondere durch Entzug der Gesundheitsfürsorge und des Aufenthaltbestimmungsrechts, sei daher nur zulässig, wenn die elterliche Entscheidung schwerwiegende Nachteile für das Kind befürchten lasse.

Abwägung der Eltern gegen Cochlea-Implantat und für Hörgerät beruht nicht auf Unwissenheit der Eltern

Auch müsse der Eingriff geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein. Diese Voraussetzungen hat das Gericht verneint. Dabei hat es die Frage, ob bereits angesichts der Operationsrisiken ein Eingriff in das elterliche Sorgerecht ausscheide, dahinstehen lassen. Denn jedenfalls sei die sich an die Operation anschließende erforderliche Lautsprachentherapie nicht durchführbar. Die Implantation könne daher nicht den gewünschten Erfolg erzielen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen sei es für den Therapieerfolg erforderlich, dass das Kind auch am Nachmittag nach dem Kindergartenaufenthalt die Lautsprache lerne. Dass die Eltern selbst keine Lautsprache anbieten könnten, könnte nach den Ausführungen des Sachverständigen durch Kontakt mit Nachbarsfamilien mit sprechenden Kindern, Freunden und Bekannten oder auch durch staatliche Begleitpersonen ausgeglichen werden. Nach Auffassung des Gerichts führte dies aber zu längerer täglicher Trennung des Kindes von den Eltern, sofern die Therapie außerhalb des elterlichen Haushalts erfolge. Finde die Therapie im elterlichen Haushalt statt, könnte die Familie kein ungestörtes Familienleben mehr führen. Entscheidend sei, ob die Eltern diese Folgen und damit die Therapie ablehnten oder mittrügen. Die Eltern akzeptierten jedoch ein Cochlea-Implantat nicht. Diese ablehnende Haltung könnte das Kind emotional spüren und in einen erheblichen das Kindeswohl gefährdenden Loyalitätskonflikt geraten. Die Abwägung der Eltern gegen ein Cochlea-Implantat und für ein Hörgerät beruhe nicht auf Unwissenheit der Eltern. Vielmehr hätten sie sich ausführlich mit der Cochlea-Implantation auseinandergesetzt und sich stets gegenüber Argumenten für diese Operation offen gezeigt.

Die Verfahrensbeiständin des Kindes sowie später auch das Jugendamt haben sich ebenfalls dafür ausgesprochen, keine familienrechtlichen Maßnahmen zu ergreifen. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Weitere Informationen Cochlea-Implantation:

Ein Cochlea-Implantat dient bei einem angeboren hochgradig schwerhörigen Kind der elektrischen Stimulierung des Hörnerves und damit der Reifung der Hörbahn. Bei normalhörenden Kindern erfolgt dieser Prozess allein über die Haarzellen in der Hörschnecke. Das Cochlea-Implantat kann seine Funktion nur während der frühen Kindheit erfüllen. Eine spätere Reizung der Hörnerven führt nicht zu einer gleichen qualitativ hochwertigen Hörbahnreifung. Bei einer Cochlea-Implantation wird der Knochen hinter dem Ohr nahezu vollständig von Zellen befreit. Es wird ein Zugang zum Mittelohrraum zusätzlich geschaffen und dann das Innenohr künstlich im Bereich der runden Fenstermembran eröffnet und eine Elektrode eingeführt. Außerdem wird auf der Schädelkalotte in ein Knochenbett gebohrt, um das Implantat sicher in diesem Knochenbett vor mechanischer Beeinflussung zu schützen. Die Implantation erfolgt unter Vollnarkose.

1666, 1666a BGB:

Nach den §§ 1666, 1666a BGB hat das Familiengericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet wird und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2019
Quelle: Amtsgericht Goslar/ra-online (pm)

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